US Supreme Court: Texas’ Gesetz gegen Zensur ist Zensur

Seite 2: Kein Schutz für Disney in Florida

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Der Schutz vor Ausschluss von Online-Plattformen für Medien gilt allerdings nicht für Journalisten, sondern nur für große Medienunternehmen – und auch dort nicht für Unternehmen, die Themenparks betreiben. Das ist ein bewusster Tritt gegen Disney, das gewagt hat, Floridas Gouverneur zu kritisieren, weil er die Erwähnung von Homosexualität im Schulunterricht hat verbieten lassen.

Hinzu kommen Einschränkungen, wie die erfassten Online-Anbieter alle User zu behandeln haben. Nutzungsbedingungen müssen einheitlich angewandt werden, Änderungen wären höchstens einmal alle 30 Tage erlaubt. Eingriffe wie das Sperren von Postings, das Beistellen von Hinweisen, die reduzierte Verbreitung von Postings, oder die Sperre von Kommentaren sind nur noch nach expliziten Hinweisen in Einzelfall an den jeweiligen Nutzer zulässig. Zudem erhalten User Anspruch auf Befreiung von jeglichen Algorithmen, Überprüfung von Sperrentscheidungen sowie Einblick in die Zugriffszahlen für jedes einzelne eigene oder fremde Posting.

Ist ein Posting von einem großen Medienunternehmen (außer Themenparkbetreiber), politischen Amtsträger oder Kandidaten, oder behandelt ein Beitrag einen Amtsträger oder Kandidaten, sind reduzierte Verbreitung (shadow banning) sowie unbezahlte Hervorhebung (prioritization) überhaupt unzulässig. Verstoßen Online-Anbieter gegen das Gesetz, drohen ihnen hohe Strafen, Schadenersatzansprüche sowie der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.

Texas' Gesetz (bekannt als HB 20) versucht zwar, sich im Kern auf klassische Soziale Netze zu konzentrieren, geht mit seinen inhaltlichen Bestimmungen aber deutlich weiter. Als Zensur wird bereits jede Benachteiligung jeder Äußerung eines Nutzers definiert: "'Censor' means to block, ban, remove, deplatform, demonetize, de-boost, restrict, deny equal access or visibility to, or otherwise discriminate against expression."

All das wird untersagt auf Basis des Inhalts oder auf Basis des Aufenthalts in Texas oder einem Teil des Staates. Auch User, die sich außerhalb der Plattform in verpönter Weise äußern, dürfen auf der Plattform nicht benachteiligt werden. Soziale Netzwerke müssten also auch Personen hosten, die beispielsweise öffentlich zum Umsturz des demokratischen Systems aufrufen oder Rassendiskriminierung gutheißen. Vertragliche Verzichtserklärung auf solchen "Schutz" sind unwirksam.

Ausnahmen gibt es wenige; beispielsweise darf ein Betreiber nicht zum Schutz von Kindern unternehmen, wenn er nicht von einschlägigen Einrichtungen dazu aufgefordert wurde. Selbst die Androhung von Gewalt darf er nur in bestimmten Fällen sperren.

Ähnlich wie in Florida drohen Strafen und Klagen von Nutzern. Im Unterschied zu Florida würde das texanische Gesetz allerdings über die Staatsgrenzen hinaus wirken; denn klageberechtigt sind nicht nur Einwohner und Besucher des konservativen Staates, sondern auch Unternehmen aus anderen Staaten, die in Texas geschäftlich tätig sind. Diese Voraussetzung ist leicht geschafft. Betreiber Sozialer Netzwerke fürchten zudem, dass sie sich nicht mehr aus Texas zurückziehen können, denn schon das würde womöglich als illegale Zensur geahndet.