Beitrag von Dr. Jens Baas

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CEO Die Techniker | Arzt | Digital-Enthusiast | Motorrad- und Van-Liebhaber

„Und ausserdem gibt es zu viele Krankenkassen“ Wenn ich hier über Probleme im #gesundheitssystem berichte, gibt es immer jemand, der diesen Einwurf bringt. Grund genug, ihn zu überprüfen. ➡️ Die Fakten: 1970 gab es 1815 gesetzliche Krankenkassen. Aktuell gibt es 95, die Tendenz ist weiter abnehmend. ➡️ Die subjektive Sicht: Für mich persönlich als Kunden sind 95 Kassen zu viele. In meinem „relevanten Auswahl-Set“ sind vielleicht 10. Allerdings wäre mein Set wahrscheinlich nicht mit Ihrem deckungsgleich. ➡️ Die objektive Sicht: Worin unterscheiden sich Kassen überhaupt? Ein Großteil der Versorgung ist ja gleich, egal, wo man versichert ist. Es gibt aber drei große Unterschiede: ❗️Zusatzangebote: in den sogenannten Satzungsleistungen, die von der #Selbstverwaltung der jeweiligen #Krankenkasse festgelegt werden, werden über das gesetzliche Spektrum hinaus gehende Angebote gemacht. Jeder Versicherte kann selbst entscheiden, welche ihm wichtig sind. ❗️Service: hier sind die Unterschiede deutlich größer, als das leider vielen Versicherten bewusst ist. Serviceaspekte sind etwa die Erreichbarkeit, die Qualität der Mitarbeitenden, Kundenberatungen, die Art des Umganges mit Leistungserbringern oder, immer wichtiger, Art und Umfang von digitalen Services. ❗️Preis: die Spanne der Zusatzbeiträge der Krankenversicherungen ist groß. Jede Kasse bemüht sich natürlich, einen möglichst geringen Preis zu haben, da dieser Faktor im Wettbewerb besonders relevant ist. ➡️ Das Ergebnis: Krankenkassen stehen in einem harten Wettbewerb zueinander. Wir müssen daher ständig über die besten Zusatzangebote nachdenken, den Service verbessern und den Preis so gering wie möglich halten. All das kommt den Versicherten zu Gute. Und weil oft der Vorwurf kommt: „Viele Kassen = hohe Verwaltungskosten“ dazu noch eine direkte Antwort: das Gegenteil ist der Fall! Der Preis einer Krankenkasse ist ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Und die eigenen #Verwaltungskosten sind der größte Hebel, den eine Krankenkasse selbst in der Hand hat, diesen Preis so gering wie möglich zu halten. Alle, da spreche ich ausdrücklich auch für alle Wettbewerber, arbeiten täglich hart daran, ihre eigenen Kosten so gering wie möglich zu halten, schlicht weil das ihr Überleben sichert. #Wettbewerb sorgt also für deutlich geringere Kosten (und, um auch diesen Vorwurf aufzunehmen: die Kosten von Doppelstrukturen und Vertriebskosten, die eine Einheitskasse sparen würde, sind so gering, dass der Wettbewerbs-Spareffekt sie um ein ein vielfaches überwiegt). Ich kenne z.B. den #NHS sehr gut, hier kann man sehen, wohin staatsnahe System ohne Wettbewerb führen. ➡️ Fazit: Wahrscheinlich braucht man keine 95 Krankenkassen. Aber man braucht genug für spürbaren Wettbewerbsdruck auf die Kassen und Auswahl für die Versicherten. Wie viele es dann sein sollten, sollte der Markt bestimmen, nicht die Politik. Oder kurz: Ja, es gibt viele Krankenkassen, und das ist gut so! Die Techniker #gkv #digitalisierung

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Dr. Jens Baas

CEO Die Techniker | Arzt | Digital-Enthusiast | Motorrad- und Van-Liebhaber

1 Woche

Und vielleicht noch zur Untermauerung meiner These hier die Entwicklung der Verwaltungskosten der GKV vs der Entwicklung der Leistungsausgaben. Glaubt wirklich irgend jemand, dass sich die Verwaltungskosten ohne Wettbewerbsdruck ebenso flach entwickelt hätten? Und, immer wieder beeindruckend: gäbe es gar keine Verwaltungskosten, also alle Kolleginnen und Kollegen würden umsonst arbeiten, in eigenen Immobilien und mit eigenen Geräten, dann wäre die Ersparnis nicht einmal groß genug, um alleine den Kostenanstieg der Leistungsausgaben innerhalb eines Jahres auszugleichen!Verwaltungskosten müssen so gering sein wie irgend möglich, dafür sorgt der Wettbewerb. Aber wenn diese Kosten in einem Gedankenexperiment gleich Null wären, würde das kein Problem des Gesundheitssystems lösen, nach einem Jahre wäre wieder alles wie vorher. Die Diskussion um die Verwaltungskosten der GKV ist leider meistens eine Nebelkerze, um von echten Problemen abzulenken.

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Dr. Lucas Spohn

Pioneering Patient-Centered Digital Health | Dedicated to Innovation and Sustainability | Lifelong Learner

1 Woche

Ob sich die prozentualen Verwaltungskosten groß ändern, wenn es weniger Krankenkassen gäbe, kann zurecht bezweifelt werden. Denn große Verwaltungen sind nicht automatisch effizienter. Vielleicht ein bisschen - aber fehlender Wettbewerbsdruck könnte diesen Vorteil wieder zunichte machen. Man kann ja mal den Vergleich zur Deutschen Rentenversicherung ziehen. Hier liegen die Verwaltungskosten bei 1,x % gegenüber durchschnittlich 4,x % bei den Krankenkassen. Allerdings ist die Verwaltung von Renten vermutlich ein Kinderspiel im Vergleich zu den komplexen Abrechnungen, die die Krankenkassen leisten müssen. Und bei der DRV gibt's im Gegenzug Post wie vor 30 Jahren und 6 Monate plus Bearbeitungszeit. Ob das "Preis-Leistungs-Verhältnis der Verwaltung" bei nur einer oder wenigen gesetzlichen Krankenkassen besser wird, darf zurecht bezweifelt werden. Das Problem explodierender Kosten im Gesundheitssystem wird hierdurch jedenfalls nicht gelöst.

Felix Koller

🏅 Ich schreibe Texte für die Finanz- und Versicherungsbranche. Von 𝗔 wie 𝗔bsolut geniale Landingpages die konvertieren 🤑 bis 𝗭 wie (Blogbeiträge und Co.) 𝗭um verlieben❤️🔥 Co-Founder @34er-Marketing

1 Woche

Dr. Jens Baas Ich bin ein großer Verfechter der freien Marktwirtschaft! Trotzdem bedeuten 95 Krankenkassen: 95 Vorstände 95 Vorstandsgehälter 95 Marketingabteilungen 95 verschiedene IT Systeme usw. Hast du da vielleicht Zahlen (gerne auch ungefähr), um wie viel der "Wettbewerbs-Spareffekt" die Kosten einer einheitlichen Krankenkasse überwiegt? Ich kann mir das ehrlicherweise nicht wirklich so gut vorstellen Danke dir :)

Lutz Hertel

Real Wellness Promotor • Consultant • Chairman

1 Woche

Wenn ich grob gerechnet richtig liege und die halbwegs korrekte Zahl der gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland (73-74 Mio.) in Relation setze, dann liegen die durchschnittlichen Krankheits-/Gesundheitsausgaben der GKV aktuell bei über 4.000 EUR pro Jahr und Person. Darin enthalten sind ca. 160 EUR Verwaltungsausgaben. Rational im Sinne der Kostendämpfung wäre, sich vorrangig den Verbrauch und die Effizenz auf Seiten der Leistungserbringer und die Prioritätensetzung zwischen Prävention, Kuration und Rehabilitation anzuschauen, oder? Die Antwort, ob 95 konkurrierende Kassen aus der Perspektive der Versicherten zu viel sind, kann man wohl trotzdem mit "ja" beantworten. Bei einem Rückgang von 1.221 in 1993 auf 95 in 2024 hat sich der Markt bereits wesentlich verkleinert, auch wenn seit 2005 das Tempo deutlicher langsamer geworden ist.

Fabian Temme

Consultant ALM & PLM bei ITC Infotech | Business Management, Projektplanung, Tools: PTC ThingWorx, Windchill, RV&S & Codebeamer

1 Woche

Hier die Daten dazu. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74834/umfrage/anzahl-gesetzliche-krankenkassen-seit-1970/ Das Gesundheitswesen hat viele Probleme, ich sehr keins, welches durch noch weniger Krankenkassen gelöst werden würde. Die da sollten eher mehr Freiheiten ermöglicht werden, so dass die Krankenkassen sich mehr unterscheiden können und besser arbeiten können. Am wichtigsten sehe ich den Punkt, dass Krankenkassen besser in die Gesundheit Ihrer Mitglieder investieren können sollen. Zum Beispiel durch eine bessere Versorgung im Rettungsdienst. Oder durch Vorsorgen. Oder durch neue bessere Behandlungen. Systeme ohne echten Wettbewerb werden fast nie besser.

Anna Bechara

Digital Health Expert and working mom

1 Woche

Danke, Dr. Jens Baas, für dieses klare Statement! Was jetzt noch schön wäre, wäre eine Gegenüberstellung. Wir haben zahlreiche Institutionen in Deutschland, die eben nicht im Wettbewerb stehen. Ein Beispiel: Meine Krankenkasse rift mich zweimal im Jahr an, fragt mich, wie es mir geht, wie zufrieden ich bin, ob irgendwas fehlt. Wenn ich tatsächlich mal etwas brauche, warte ich selten länger als 24 Stunden auf eine Lösung! Meine Stadtverwaltung fragt mich nie irgendwas und wenn ich dringend neue Pässe brauche, werden oft nichtmal die versprochenen 6 Wochen (!) eingehalten. Und ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, der Kostenapparat solcher Institutionen, den ich auch mit meinen Steuern zahle, ist verhältnismäßig größer als der meiner Kasse 😉 Eine solche Gegenüberstellung (Service-Level vs. Kosten mit oder ohne Wettbewerb) würde ich wirklich gern mal sehen! Ich mag unsere Kassenlandschaft und ich mag Wettbewerb! Und ich hab gehört, die TK besteht in selbigem gar nicht so schlecht 😂 Weiter so!

Keiner fragt sich z.B. warum waren es1970 noch 1850 und jetzt nur noch 95. Das hat doch einen Grund. Zuviel Verwaltungskram. Auch 95 sind zuviel. Wenn man ehrlich ist wüsste jeder, der sich lange genug dam.it befasst hat, wie die BESTE! Krankenkasse aussehen müsste, nämlicvh dass. 99,9% der Beiträge für die Patienten ausgegeben werden sollten, nicht für riesige Bürohäuser, Verwaltung und Reklame. Bei nur eine KK braucht es keine Reklame, man ist schon die beste. Man könnte es ja mal versuchen, oder?

Carsten Germer

Global Business Development Tracheostomy

1 Woche

Die Krankenkassen wie wir sie heute kennen gehen - viele wissen das nicht - auf den alten Bismarck zurück. Der hat diese Idee um 1880 herum initiiert. Begriffe wie Betriebskrankenkasse, Innungskrankenkasse, Ortskrankenkasse oder Ersatzkasse gehen auf diese Zeit zurück. Auch wenn sich die Krankenkassen natürlich gewandelt haben und deren Zahl sich drastisch verringert hat (von 10.000 zu Zeiten von Bismarck auf mittlerweile < 100) reden wir noch immer über ein Konstrukt des 19. Jhr.

Prof. Dr. Stefan Heinemann

AI with Purpose - Ethical and Business Perspectives on Digital Medicine & Healthcare / Private & Municipal Energy Suppliers, Sustainability & People - +30k➡️pls follow //genAI-free, my own thoughts and words🍀

1 Woche

Es braucht GKV, aber in einer sich zunehmend transformierten Rolle. Beispielsweise als Data Trust Hub, Precision Prävention Center und 360Grad Service Partner. Accounting ist nicht das Modell. Ein solidarisches Gesundheitswesen braucht smarte "Kassen" (Plural), die man dann auch direkt anders nennen könnte...

Peter Georgas-Frey

Es ist schwer, es zugleich der Wahrheit und den Leuten recht zu machen. T. Mann

1 Woche

Wenn der Fuchs entscheidet, ob es richtig ist Hühner zu essen ... (Tk-Mitglied)

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