PWB Rechts­anwälte Anleger­anwälte vor Gericht

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PWB Rechts­anwälte - Anleger­anwälte vor Gericht

Land­gericht Mühl­hausen (Thüringen). Angeklagte Rechts­anwälte mit Verteidigern zum Prozess­auftakt. © picture alliance / dpa / Martin Schutt

Vor dem Land­gericht Mühl­hausen hat ein Straf­prozess gegen fünf Rechts­anwälte begonnen. Sie sollen Anleger in aussichts­lose Verfahren getrieben und damit betrogen haben.

Die Vorwürfe der Staats­anwalt­schaft haben es in sich: Sie lauten auf gewerbs­mäßigen Betrug in Tateinheit mit verbotener Werbung. Seit dem 9. April 2024 läuft der Prozess gegen Philipp Wolfgang B., Matthias K., Chris G., Sascha G. und Jörg S. Die fünf Rechts­anwälte sollen Anle­gerinnen und Anleger, die mit verschiedenen Anlagemodellen Geld verloren hatten, in wenig aussichts­reiche Verfahren getrieben haben. Es geht um knapp 5 500 Fälle mit fast 4 Millionen Euro Schaden, wie der MDR berichtet. Eine zweite Anklage dreht sich um Verstöße gegen das Daten­schutz­gesetz.

Angeklagte äußern sich zum Prozess­auftakt nicht

Am ersten Prozess­tag äußerten die Angeklagten sich nicht zur Sache. Sie beantragten aber, das Verfahren wegen Verjährung zu beenden. Zuvor hatte der Haupt­angeklagte, Philipp Wolfgang B., die Vorwürfe gegen­über Stiftung Warentest mehr­fach zurück­gewiesen. Die fünf Angeklagten arbeiteten für die Kanzlei PWB Rechts­anwälte aus Jena oder arbeiteten mit ihr zusammen. Finanztest hatte mehr­fach über die Kanzlei berichtet. Weitere Personen aus der Kanzlei sind nicht betroffen.

Vorwurf: Anleger in wenig aussichts­reiche Verfahren getrieben

Mehr als zwei Stunden dauerte am ersten Prozess­tag das Verlesen der Ankla­geschrift. Die Staats­anwalt­schaft warf den vier Männern und einer Frau vor, zwischen 2012 und 2016 geschädigte Kapital­anleger unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht zu haben, kosten­pflichtige Mandats­verhält­nisse einzugehen, obwohl die Erfolgs­aussichten geringer als behauptet gewesen sein sollen.

Ziel sei gewesen, Einnahmen für die Rechts­anwalts­kanzlei PWB Rechts­anwälte aus Jena zu generieren. Dazu hätten sie unter anderem Anleger­schutz­ver­eine genutzt und Klagen oder Güte­verfahren angeregt, unter anderem gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder das Bundes­finanz­ministerium.

Akquise über Anleger­ver­eine und eigene Aktivitäten

Geschädigte Kapital­anleger seien unter anderem über den Verein Deutscher Verbraucher­schutz­ring aus Erfurt mit der Kanzlei in Kontakt gekommen. Zudem habe die Kanzlei Geschädigte ange­schrieben und in markigen Worten um Mandanten geworben. Für diese seien unter anderem Güte­verfahren einge­leitet worden. Eine Güte­stelle sei aus dem Kreis der Angeklagten betrieben worden.

Den fünf Angeklagten werfen die Ermittler vor, gemeinschaftlich gewerbs­mäßig betrogen zu haben. In alle Fälle soll der Haupt­angeklagte Philipp Wolfgang B. verwickelt gewesen sein. Bei den anderen Angeklagten reicht die Fall­zahl der Staats­anwälte von mehreren Hundert bis etwa 3 600.

Über Akten­einsicht an Adressen Geschädigter gekommen

Bei der zweiten Anklage zu den Daten­schutz­verstößen soll die Kanzlei über eine miss­bräuchliche Akten­einsicht an Adressen von 55 000 Geschädigten der Future Business KG aus Dresden gekommen sein.

Wegen Gebühren­über­höhung verurteilt

Finanztest hatte mehr­fach über die Kanzlei PWB Rechts­anwälte berichtet. Sie stand seit 2016 auf der Warn­liste Geld­anlage der Stiftung Warentest. Bei einer Razzia 2017 stellten Ermittler Dokumente sicher. Das Amts­gericht Jena verurteilte Rechts­anwalt B. 2021 wegen Gebühren­über­höhung in 79 Fällen – davon 58 Versuche – zu einer Geld­strafe mit Vorbehalt. Im Januar 2022 erhob dann die Staats­anwalt­schaft Gera Anklage gegen ihn und die vier weiteren Anwälte, über die nun in Mühl­hausen verhandelt wird. Bis Juli 2024 sind 20 Verhand­lungs­tage angesetzt.

Hinweis zur Warn­liste Geld­anlage der Stiftung Warentest

Die Warnliste Geldanlage listet alle Unternehmen, Geld­anlage­angebote und Dienst­leistungen der vergangenen zwei Jahre auf, die die Stiftung Warentest negativ bewertet hat. Sie lässt sich kostenlos im Format PDF herunter­laden. Sie umfasst mehrere Seiten und wird in der Regel einmal im Monat aktualisiert. Wenn zwei Jahre vergangen sind, werden Einträge gelöscht, wenn in der Zwischen­zeit nicht erneut negativ berichtet wurde. Einträge, die älter als zwei Jahre sind und ohne Folgebe­richt­erstattung blieben, sind ab dann nicht mehr auf der aktuellen Warn­liste zu finden.

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