Wohnrecht neu: Leichter zum Balkonkraftwerk, Eigentümerversammlung auch online

Wohnungseigentümer dürfen sich in Zukunft auch online versammeln, wenn sie möchten. Die Genehmigung der Solarpaneele wird einfacher, auch für Mieter.​

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Photovoltaikpanel an einem Balkon in Bremen

Balkonkraftwerk an einem Haus in Bremen

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 4 Min.

Deutschland senkt Hürden für Balkonkraftwerke. Waren bislang vor allem Eigenheimbesitzer auf dem Solarmarkt aktiv, sollen nun mehr Mieter und mehr Wohnungseigentümer in Steckersolargeräte investieren und dadurch ihre Stromrechnungen senken dürfen. Gleichzeitig werden rein online abgehaltene Wohnungseigentümerversammlungen legal, wenn die Eigentümer das beschließen. Eine entsprechende Novelle des Miet- und Wohnungseigentumsrechts ist im Bundestag Donnerstag gegen 22 Uhr mit breiter Mehrheit verabschiedet worden.

Update

Angaben zu Stromexport im 5. Absatz hinzugefügt.

Das Unterfangen ist eine Initiative des Justizministeriums zur Senkung rechtlicher Hürden für Balkonkraftwerke, was wiederum Teil der Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung ist. Mieter und Wohnungseigentümer erhalten Anspruch darauf, dass ihnen gestattet wird, Steckersolargeräte anzubringen. Indem sogenannte Balkonkraftwerke "privilegierte bauliche Veränderungen" werden, müssen Mieter oder Wohnungseigentümer die Installation nicht mehr eigens begründen. Falls ein Mieter in einer Eigentumswohnung wohnt, kann er vom Vermieter verlangen, in der Eigentümerversammlung einen entsprechenden Beschluss zu erwirken. Diese hat laut Bundesjustizministerium Ermessensspielraum, wie das Balkonkraftwerk aussehen kann, allerdings darf sie keine überzogenen Vorgaben machen, um das Projekt zu verhindern.

Damit sich Eigentümerversammlungen aus Termin- oder Raumnöten nicht verzögern, sollen diese künftig auch ausschließlich online stattfinden können. Dazu muss die Wohnungseigentümergemeinschaft allerdings mit Dreiviertelmehrheit einen Grundsatzbeschluss fassen, der mindestens alle drei Jahre erneuert werden muss. Mindestens eine Präsenz- oder Hybridversammlung ist also noch notwendig, eben um die Möglichkeit reiner Online-Zusammenkünfte zu schaffen.

Für einige Jahre besteht noch die Pflicht, wenigstens einmal im Jahr eine Eigentümerversammlung abzuhalten, die nicht ausschließlich online erfolgt – es sei denn, die Eigentümer beschließen einstimmig, dass sie sich auch ausschließlich virtuell versammeln können. Erst ab 2028 darf auch dieser Beschluss mit Dreiviertelmehrheit gefällt werden. Das Auslaufen der Beschlüsse nach jeweils maximal drei Jahren soll Minderheitseigentümer schützen, die zum Zeitpunkt des Grundsatzbeschlusses der Eigentümergemeinschaft noch nicht angehört haben und vielleicht keine reinen Online-Veranstaltungen wünschen. Der Bundesrat hat sich überhaupt das Einstimmigkeitsprinzip für die Zulassung jedweder virtuellen Versammlung gewünscht, und zwar auf Dauer. Ein erfolgreicher Einspruch der Länderkammer gegen die vom Bundestag verabschiedete Regelung ist allerdings unwahrscheinlich.

Für die Novelle haben im Bundestag nämlich alle Fraktionen gestimmt, mit Ausnahme der AfD. Ihr Sprecher kritisierte, dass der gewonnene Solarstrom "ins Ausland verkloppt" werde. Tatsächlich sind Deutschlands Stromexporte im Vorjahr um in Viertel eingebrochen, trotz stabiler Photovoltaik-Einspeisung ins deutsche Stromnetz. Vor zehn Jahren hat die Bundesrepublik, bei deutlich geringerer Solarstromproduktion, 40 Prozent mehr Strom exportiert. In Bezug auf die neue Möglichkeit reiner Online-Wohnungseigentümerversammlungen warf der Abgeordnete Justizminister Marco Buschmann und seiner Freien Demokratischen Partei (FDP) vor, die "Wirklichkeit durch eine Bildschirmrealität" ersetzen zu wollen.

Für Bündnis 90/Die Grünen freute sich Canan Bayram darüber, dass die Novelle mehr Menschen ermögliche, "Teil der Zukunft und des Fortschritts" zu sein. Für die CDU/CSU erläuterte Stephan Mayer die Zustimmung seiner Kollegen zur Gesetzesänderung, kritisierte aber, dass sie "deutlich zu spät" komme. Seine Fraktionen hätten bereits im Mai des Vorjahres einen Antrag auf Gesetzesänderung gestellt. Dieser sah allerdings keine rein virtuellen Wohnungseigentümerversammlungen vor und griff bei den Erleichterungen für Balkonkraftwerke nicht ganz so weit wie der Regierungsvorschlag. Der CDU/CSU-Antrag fand Donnerstagabend in zweiter Lesung keine Zustimmung anderer Fraktionen und ist damit gescheitert.

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Von der SPD ergriff die Düsseldorferin Zanda Martens das Wort. Sie berichtete von örtlichen Subventionen für Balkonkraftwerke, Haushalte mit geringem Einkommen könnten den Kaufpreis in Düsseldorf sogar voll erstattet erhalten. "Die Sonne verhält sich sozialdemokratisch. Sie scheint für alle", erinnerte ihr Redebeitrag an sozialistisches Liedgut.

(ds)