Purpose: Nur wenige Unternehmen überzeugen

Globeone

Purpose Readiness: noch lange nicht am Ziel

Foto: StockSnap, Pixabay

Purpose – für Unternehmen mehr als ein Marketing-Gag? Globeone nährt Zweifel mit seinem neuen Purpose Readiness Index (PRI). Eine kommentierende Analyse.

Nur jedem zehnten Unternehmen oder Institution gelingt es, mit Haltung und dem damit verbundenen glaubwürdigen Sinn zu überzeugen – allen voran das Deutsche Rote Kreuz, dm und Carl Zeiss Meditec. So urteilen 5.900 Verbraucherinnen und Verbraucher in einer Umfrage von Globeone, einer Managementberatung für Transformationsstrategie mit Fokus auf Marke, Kommunikation und Kultur. Konkret sollten sie beurteilen, inwiefern mehr als 170 Unternehmen und Institutionen einen gesellschaftlich relevanten Daseinszweck in fünf Imagedimensionen authentisch vertreten.

Erst 19 Unternehmen oder Institutionen kommunizieren demnach Themen wie Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit erfolgreich und reputationsfördernd gegenüber Mitarbeitenden, Consumern und Öffentlichkeit. Mit Indexwerten von mehr als 70 Punkten gelten sie damit als uneingeschränkt "Purpose ready".

Fast 80 Prozent der untersuchten Marken sind "teilweise Purpose ready". Das heißt, sie verfügen zwar über eine gute Basis für den Aufbau einer glaubwürdigen Positionierung, nutzen ihre Potenziale aber noch nicht voll aus, sich in der öffentlichen Wahrnehmung, explizit auch gegenüber dem Kapitalmarkt gut zu positionieren, wie Niklas Schaffmeister, Managing Partner bei Globeone, analysiert.

Am Ende bleiben dann doch nur knapp zehn Prozent der betrachteten Marken, die angeblich "kritische Purpose-Lücken" aufweisen und keine belastbare Reputationsbasis für eine positive öffentliche Wahrnehmung zu bieten haben.

Beim Purpose Readiness Index (PRI) von 2022 waren noch 20 Prozent der untersuchten Organisationen purpose-fern. Simon Aschermann, Managing Partner bei Globeone:"Die Öffentlichkeit traut Unternehmen tendenziell wieder mehr zu, die Probleme der Gegenwart und die Herausforderungen der Zukunft aktiv anzugehen." Vor allem börsennotierte Unternehmen gewinnen laut Globeone an Boden und machen mehr als die Hälfte der glaubwürdigen Marken aus.

Technologie-, Medizintechnik- und Traditionskonzerne überzeugen

Neben den drei Top-Kandidaten schneiden im Purpose Readiness Index (PRI) die Technologieunternehmen Aixtron, Jenoptik, SMA Solar Technology, Hella und Siltronic sowie die Traditionskonzerne Miele, Varta und Osram sehr gut ab. Speziell am Beispiel Osram zeigt sich allerdings auch, wie wenig belastbar das Thema "Purpose" aus wirtschaftlicher Sicht ist. AMS Osram leidet unter schrumpfenden Umsätzen, verliert Kunden und muss Stellen abbauen.

Zu den Gewinnern des Purpose-Rankings zählen auch die kundennahen Einzelhandelskonzerne Rossmann und Tchibo, der Automobilclub ADAC, der Duftstoff- und Aromenhersteller Symrise sowie die Maschinenbauer und Hersteller Gerresheimer, Nordex, Rational und Knorr-Bremse. Mit Indexwerten von mehr als 70 gelten sie jeweils uneingeschränkt als "Purpose ready": Die Öffentlichkeit hält sie für ehrlich, authentisch, nachhaltig und verantwortungsbewusst. Fragt sich nur, wieviele der Befragten einen Aromenhersteller wie Symrise – überwiegend im B2B-Geschäft unterwegs – tatsächlich kennen.

Vonovia, Deutsche Wohnen und "Bild" auf den letzten Plätzen

Insbesondere einige Unternehmen aus den Branchen Telekommunikation, Finanzen, Medien und Verkehr haben dagegen "kritische Purpose-Lücken": Es gelingt ihnen nicht, in purpose-relevanten Imagedimensionen positiv bei Verbraucherinnen und Verbrauchern anzukommen. Die Schlusslichter im Ranking bilden erneut die beiden Wohnungskonzerne Vonovia, Deutsche Wohnen sowie die Medienmarke Bild. Diese Letztplatzierten verfügen laut Studie aufgrund von Reputationsproblemen nur über eine sehr schwache Basis, um einen gesellschaftlich relevanten Unternehmenszweck glaubwürdig zu vermitteln. Auch hier lohnt sich allerdings eine Nachfrage: Vonovia wird mit der Purpose-Hypothek ins Rennen geschickt, ein Unternehmen zu sein, das nach links-"liberaler" Meinung – unter anderem der IG Bau – verstaatlicht werden sollte, um künftig mehr günstigen Wohnraum anbieten zu können. Betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse einer Deckungsbeitragsrechnung stehen dabei offenkundig nicht zur Debatte. Und die "Bild" dürfte sich mit ihrer eher konservative Grundhaltung per se als purpose-problematisch outen.

Bleibt unter dem Strich wieder die Frage: Wie gelingt eine allseits zufriedenstellende Transformation? Genügen Purpose Readiness und Good Vibes – oder geht es am Ende des Tages nicht doch primär um Umsatz und Kontostand? Solange Kongruenz gewährleistet ist – perfekt. Zweifel sind berechtigt. Kommunikationsberater sind jedenfalls gut beraten, Antworten vor dem Aufbau ihrer Beratungsstrategie zu finden.


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