Innovative Vielfalt: Frauen Power in der Technik

Innovative Vielfalt: Frauen Power in der Technik

In dieser Ausgabe unseres LinkedIn Newsletters zum Thema "Potenzial in Wirkung bringen" sprechen wir im Interview mit Nadine Preßmair über ihre Erfahrungen in einem technischen Studium und Beruf.


🚀 WARM-UP


Liebe Nadine, freut mich sehr, dass wir uns heute einmal im beruflichen Kontext treffen, um für unseren neuen LinkedIn Newsletter über das Thema „Frauen Power in der Technik“ zu sprechen. Wir kennen uns ja eigentlich schon seit dem Kindergarten und ich habe natürlich deinen Werdegang aktiv mitbekommen, aber so richtig im Detail haben wir dazu noch nie gesprochen. Darum freut es mich umso mehr, dass wir uns jetzt dafür Zeit nehmen.


Magst du dich kurz vorstellen? 😊

Also mein Name ist Nadine Preßmair und ich bin aus Steyr, Oberösterreich. Ich habe Bauingenieurwesen studiert und war jetzt 10 Jahre lang in Wien und 5 Jahre davon in der Forschung. Seit einem dreiviertel Jahr bin ich jetzt bei der DOKA in Amstetten als Technologiemanagerin mit dem Fokus auf Bauprozesse tätig.


Und du bist ja nicht nur beruflich gerade in spannenden Projekten involviert, sondern auch privat?

Genau, Bauthemen beruflich und privat sozusagen - wir haben gerade ein Haus gekauft, da wird es nicht langweilig. Und eigentlich hast du mit mir ja auch noch ein größeres Projekt offen, wir wollten ja eigentlich einmal pro Woche auf den Schoberstein gehen. 😉


Ja das stimmt. Und jetzt haben wir es auch noch schriftlich, das ziehen wir jetzt durch.

So liebe Nadine, wir sprechen in unserem LinkedIn Newsletter ja immer über das Thema „Potenzial in Wirkung bringen“ darum die Frage an dich: „Wie viele Prozent deines Potenzials hast du heute zur Verfügung?“

Ich würde sagen 80%, nachdem heute zwar Montag in der Früh ist, aber ich mich auf spannende Termine mit interessanten Personen diese Woche freue und nach dem Mittagessen sind es bestimmt auch schon 90%.


Da bist du ja sehr gut dabei.

Nutzt du irgendwelche Routinen, wo du sagst die bringen dein Potenzial zum Vorschein?

Ich versuche täglich in der Früh mein Journal zu schreiben, wobei ich mir die Fragen stelle, wofür ich vom Vortag dankbar bin und was ich an dem jeweiligen Tag gerne lernen möchte bzw. vom Vortag an Learnings mitnehmen konnte.


Vielleicht sollte ich das auch einmal versuchen. Ich schreibe ja immer abends in mein Dankbarkeitstagebuch und merke dadurch schon, dass ich viel bewusster für Kleinigkeiten dankbar bin.


🎯 DEIN WERDEGANG


Dann würde ich gerne gleich damit starten dir ein paar Fragen zu deinem beruflichen Werdegang zu stellen. Wie bist du denn zu deiner aktuellen Position in der Technikbranche gekommen?

Ich habe bereits während des Bauingenieurwesen-Studiums Praktika in 5-6 unterschiedlichen Unternehmen gemacht und konnte dadurch viele Facetten des Bauwesens kennenlernen. Per Zufall bin ich dann nach Abschluss des Studiums in der Forschung gelandet und durfte mich mit unterschiedlichen Themen des ressourceneffizienten Bauens an der BOKU Wien beschäftigen, allem voran mit masseoptimierten Betonträgern. Dabei hat es mich motiviert aber auch herausgefordert ein Thema von Null weg zu behandeln.

Nach Abschluss des Doktorats wollte ich eine neue Herausforderung und im Bewerbungsgespräch mit der DOKA haben sich dann tolle Schnittmengen hinsichtlich Interessen seitens Unternehmen und mir ergeben. Dort geht es auch wieder darum, einen ganz neuen Bereich mit aufzubauen. Es war ein perfektes Timing so gesehen.



Würdest du nun nach dem dreiviertel Jahr sagen, dass es für dich ein perfektes Match war?

Ja, ich fühle mich wirklich sehr wohl im Team. Es gibt immer ein offenes Ohr und die Aufgaben sind herausfordernd aber auch motivierend.


Als du von der Forschung in die Privatwirtschaft gewechselt bist hast du sicher einige Bewerbungsprozesse durchlaufen. Hast du dich da immer gut aufgehoben gefühlt?

Als störend habe ich es nur empfunden, wenn zu viele Fragen zum Privatleben gekommen sind. Das hat einen negativen Beigeschmack, weil man nicht weiß, in welche Richtung das geht.

Das war allerdings fast nie der Fall: Meistens hatte ich das Gefühl, dass es nicht relevant ist, ob die Position mit einer Frau oder einem Mann besetzt wird. Das war sehr positiv.


Magst du uns noch einmal kurz deinen Ausbildungsweg zusammenfassen?

Hast du während deines Studiums das Gefühl gehabt, dass du größere Barrieren als deine männlichen Mitstudenten hast?

Ich habe meinen Bachelor und Master in Bauingenieurwesen an der TU Wien gemacht. Richtig cool war auch mein Auslandssemester während des Masters in Australien. Ich hatte überhaupt nicht das Gefühl, dass es da größerer Barrieren für Frauen gab. Es waren im Bachelorstudium sogar 25% Frauen grob geschätzt – also mehr, als erwartet.

Meinen Doktor habe ich dann an der BOKU Wien gemacht, wobei es in der Arbeitsgruppe um ressourceneffizientes Bauen gegangen ist. In der Forschungsgruppe waren wir zu Beginn zu viert und am Ende kurz vor meinem Wechsel doppelt bis dreimal so viele Personen, da hat sich viel getan.


Super spannend wie du beim Beginn von Forschungsideen dabei warst und inzwischen den Weg bis zur Realisierung kennenlernst.

Das stimmt genau. Es ist für mich momentan in der aktuellen Position eine gute Mischung aus bereits Vertrautem und Neuem. Und ich darf auch nach wie vor viel mit Universitäten zusammen arbeiten.


🔧 HÜRDEN & HERAUSFORDERUNGEN


Welchen Hürden bist du in deinem Job Leben als Frau in der Technik bisher so begegnet?

Was ich im Jobleben schon erfahren habe war eine gewisse Voreingenommenheit, mit welcher man ab und zu konfrontiert ist. Ich habe zum Beispiel schon einige Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet und geforscht, wurde aber trotzdem oft als studentische Hilfskraft abgestempelt. Eines war auch lustig: Ich habe meinen Staplerschein gemacht und war dann damit auf dem Laborgelände unterwegs - sofort haben mich ein paar Männer vor Ort angesprochen, was ich da mache. Meinem Kollegen in der gleichen Situation ist das nicht passiert.


Du bist auch immer wieder auf Baustellen unterwegs. Wie ist das für dich?

Also das war noch einmal etwas ganz anderes. Am Ende konnte ich aber immer meine Ziele erreichen.


Ich stelle mir das ja auch körperlich extrem anstrengend vor?

Während meiner Zeit an der BOKU Wien habe ich sehr viel Zeit im Labor verbracht und Versuche durchgeführt. Am Anfang war mir das tatsächlich unangenehm, weil ich nicht wollte, dass mir jemand hilft – nur weil ich als Frau zu schwach bin. Aber irgendwann hat sich dann der Schalter in meinem Kopf umgelegt und ich habe mir gedacht, dass nicht ich das Problem bin, sondern das Umfeld. Das Laborteam war hier sehr entgegenkommend! Mit kleinen Hilfsmitteln habe ich mir dann auch einen  reibungsloseren Arbeitsalltag ermöglicht  Diese Hilfsmittel haben dann auch relativ bald auch meine damaligen männlichen Kollegen verwendet. 😀




Hast du Tipps für Unternehmen wie sie technische Positionen für Frauen attraktiver gestalten können?

Ich bin sehr dankbar über die Führungskräfte, die ich hatte und habe: Wenn man das Gefühl hat, dass Gleichberechtigung als selbstverständlich hingenommen wird und es dann noch ein offenes Ohr gibt, dann kann man sich ganz auf das fokussieren, um was es geht: Die Arbeit.


Das kann ich gut nachvollziehen.

Würdest du generell sagen, dass die Zusammenarbeit mit Männern oder Frauen für dich leichter ist?

Ich hatte tatsächlich bisher so gut wie immer eine klare Mehrheit männlicher Kollegen.

Wie siehst du das? Du hast ja soweit ich weiß immer in gemischten Teams gearbeitet?


Ich finde das ist immer so eine Charaktersache und nicht abhängig vom Geschlecht. Klar merke ich manchmal, dass Männer vielleicht eine andere Herangehensweise bei manchen Themen haben, aber insgesamt könnte ich nicht sagen das eine ist mir lieber als das andere.

Das ergibt sich wahrscheinlich auch einfach aus der Branche heraus.

Das stimmt, im Studium waren wir eigentlich auch schon sehr bunt durchgemischt.


Würdest du sagen, dass die Technikbranche von mehr Frauen profitieren würde? Bzw. gibt es Fähigkeiten, wo du denkst, dass diese Frauen eher einbringen könnten?

Also von meinen eigenen Erfahrungen her würde ich sagen das hängt definitiv mehr vom Charakter und vom Vorwissen oder Erfahrungsschatz ab.

Als Freundin der Wissenschaft kann man noch anmerken, dass Studien darauf hindeuten , dass Teams, die durch hohe Diversität gekennzeichnet sind, besser performen.


Ich denke auch, dass das nicht vom Geschlecht abhängt. Und Diversität kann man ja auch nicht nur auf das Geschlecht auslegen, sondern auf viel mehr Faktoren.

Du bist ja auch sehr vernetzt, was ich so mitbekomme? Inwiefern hilft dir das im beruflichen Kontext weiter?

Ich habe letztens in einem Podcast, in dem Karrierecoach Katja Radlgruber interviewt wurde, gehört, dass Erfolg zu 1/3 aus Leistung, zu 1/3 aus Netzwerk und 1/3 Gesehenwerden besteht – demnach könnte man sagen, dass Netzwerken sicher nicht verkehrt ist. Durch meine Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin, jetzt in der Privatwirtschaft und meine gemeinnützige Tätigkeit in einer Initiativgruppe für junge IngenieurInnen des Betonbaus konnte ich mir denke ich ein solides Netzwerk aufbauen. Momentan könnte ich mir auch supergut vorstellen, auch mal in ein Frauennetzwerk reinzuschnuppern! Was meine gemeinnützige Tätigkeit betrifft: Da haben wir tatsächlich immer wieder das Thema, dass wir für Vortragsreihen und Paneldiskussionen oft nur Männer finden. Ich bin guter Dinge, dass sich da in den nächsten Jahren viel tut.


Das Thema kenne ich, so geht es uns bei der Suche nach spannenden Personen für unseren Newsletter auch oft. Gibt es Frauen, die dich inspirieren?

Ich höre zum Beispiel die Podcasts von Tatjana Lackner sehr gerne. Sie sagt Dinge einfach heraus und das ist sehr sympathisch. Vielleicht wäre sie ein spannender Gast?


Muss ich einmal hineinhören, danke für die Empfehlung.


❤️ DEINE TIPPS


Was möchtest du Frauen mitgeben, die überlegen einen Weg in der Technik einzuschlagen?

Meine Devise lautet: Einfach ausprobieren und keine Scheu haben! Anders weiß man nie, ob etwas geklappt hätte. Das ist auch ein großes Thema was Innovationen und Forschung betrifft: Erst durchs Testen erhält man die Daten, die man braucht, um nächste Entscheidungen treffen zu können. Und sollte doch einmal etwas scheitern, das nicht als Verlust, sondern als Gewinn sehen, denn man hat wieder etwas daraus gelernt! Mir ist klar, dass das leichter gesagt als getan ist.


Und würdest du sagen es gibt Charakterzüge, die man unbedingt für einen Job in der Technik mitbringen sollte?

Könnte ich so nicht sagen. Es hat jeder unterschiedliche Herangehensweisen und dann findet man auch seinen Weg.

Eine Person aus meiner sehr frühen, anfänglichen Berufszeit hat einmal zu mir gesagt, dass er anfangs nicht gewusst hatte, wie er mit mir als Frau umgehen soll und, dass er nicht weiß, ob ich für das Bauwesen gemacht bin. Damals war ich sehr jung und entsprechend verunsichert, fand es aber auch sehr fair.

Im Laufe der Zusammenarbeit hat das wieder zurückgenommen und gesagt, dass ihm klar geworden ist, dass eine andere Herangehensweise an Dinge wie meine  auch erfolgreich ist und für das Team sogar eine Bereicherung darstellt. Das war eigentlich rückblickend ein großer Erfolg, und je öfter wir solche Momente haben, desto geringer wird die „Voreingenommenheit“, welche wir anfangs besprochen haben.



Braucht man hier also Durchhaltevermögen?

Ja auf jeden Fall, aber ich bin jetzt auch schon eine Weile im „Game“ und inzwischen sehe ich es so, dass jeder seinen eigenen Weg hat und das nicht schlecht ist, sondern man voneinander profitieren und lernen kann.


Rückblickend, würdest du sagen, dass es die richtige Entscheidung für dich war in die Technik zu gehen?

Ich bin glücklich, denke aber auch, dass sich so viele Möglichkeiten im Laufe des Berufsweges ergeben. Eine Ausbildung als Basis ist super, aber wenn man sein persönliches Potenzial nützt, dann kann man sich in viele Richtungen weiterentwickeln. Man sollte einfach auf die eigene Motivation vertrauen, und kritische Nebengeräusche von außen  auch einmal ausblenden.


Und man kann ja immer noch Weiterbildungen machen, man bleibt ja nicht stehen auf dem Wissensstand aus der Ausbildung.

Hast du aus beruflicher Sicht noch ein Ziel, welches du unbedingt erreichen möchtest?

Mein klares Ziel ist es meinen Bereich, für welchen ich tätig sein darf, weiter wachsen zu lassen und zu stärken.


💭 ABSCHLIESSENDE GEDANKEN


Hast du noch ein paar abschließende Gedanken, die du gerne teilen möchtest?

Ich habe erst vor kurzem ein Gespräch mit einer Kollegin gehabt zum Thema Fachkräftemangel. Diversität in Unternehmen ist als unumgänglich: Das ist keine Option mehr, sondern ein Muss. Es sollte auf jeden Fall für jeden möglich sein, sein Potenzial zu entfalten, egal, ob Kinderbetreuung, Bildungskarenz, Teilzeit oder Vollzeit Job.


Vielen Dank liebe Nadine, dass du dir heute Zeit genommen hast und alles Gute für deine offenen Projekte, beruflich und privat. Wir sehen uns dann am Wochenende am Berg. 😀



Nadine Preßmair

Driving process innovation @Doka 💡

3 Wochen

Danke für diese Gelegenheit, Tanja Brandl! 🙂

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