5-Minuten Recruiting Montag: Was Candidate Experience wirklich ist (in einfachen Worten)

5-Minuten Recruiting Montag: Was Candidate Experience wirklich ist (in einfachen Worten)

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Jeden Montag bekommst du hier fünf Minuten Recruiting Wissen zum Start in deine neue Woche. Du bekommst praktische Inhalte zu zeitgemäßen Recruiting-Prozessen und den passenden Tools & Dienstleistungen. Ich bin überzeugt: Recruiting muss noch viel von Vertrieb lernen.

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Letzten Freitag habe ich von Emanuel einen Reminder bekommen. Er hat mich daran erinnert, dass ich unsere "Closing E-Mail" noch nicht versendet habe. Er hat mir sogar angeboten, dass er mir eine Nachricht vorschreiben kann, damit ich diese dann einfach nur versenden muss.

Du stellst dir wahrscheinlich die Frage: "Wer ist Emanuel und was ist eine Closing E-Mail?" 🤔

Und das tust du völlig zurecht. Ich erkläre dir gerne, um was es geht.

Wie du den Begriff Candidate Experience allen Mitarbeitenden in deinem Unternehmen erklären solltest.

Vorneweg gibst du ihnen eine kleine Erläuterung zu dem Wort "Erfahrung" aus dem Duden mit: Eine Erfahrung ist ein Erlebnis, durch das jemand klüger wird.

In welche Richtung der/die Kandidat:in am Ende klüger wird, entscheiden dabei alle am Recruiting-Prozess Beteiligten in deinem Unternehmen – womit wir wieder bei Emanuel und mir sind.

Mit "Candidate Experience" bezeichnen wir Recruiting Expert:innen alle Erlebnisse, die ein Kandidat ab "Ok, dann schau ich mal auf was ich mich bewerben will." bis hin zu "Ein Glück bin ich hier gelandet, das muss ich gleich meiner Oma erzählen" erfahren darf.

Emanuel arbeitet als Recruiter mit mir zusammen daran, dass wir eine zweistellige Anzahl an Account und Customer Manager:innen einstellen, damit unsere Kund:innen wiederum mit genau der Menge an Arbeitskraft versorgt sind, die sie brauchen, um erfolgreich zu sein. 🚀

Und da ich letzten Freitag meiner Aufgabe nicht nachgekommen bin, hat er mich daran erinnert, wie wichtig jede einzelne Erfahrung von Kandidat:innen ist, wenn du wirklich sicherstellen willst, dass du am Ende ausreichend Arbeitskraft in deinem Unternehmen hast.

Warum es egal ist, dass mehr als drei Viertel der Jobsuchen im Internet bei Google beginnen.

Viele Personaldienstleister, Fachexpert:innen und Jobbörsen predigen immer wieder, dass mehr als drei Viertel der Jobsuchen bei Google beginnen. Abgesehen davon, dass ich bisher nirgends herausfinden konnte, ob diese Statistik stimmt, ist meiner Ansicht nach viel relevanter, wo die Jobsuche der Person wirklich startet. Denn genau dort liegt der wahre Grund der Jobsuche und dieser verrät dir, womit du bei den Kandidat:innen punkten kannst.🤔

Drei völlig unterschiedliche Beispiele:

  • Jules, 26 Jahre, ist fertig mit seinem Wirtschaftsingenieur Studium und hat während seinen Praktika und Werkstudentenstellen unterschiedliche Bereiche und Unternehmen kennengelernt und keine Ahnung, was er in welchem Unternehmen wirklich machen will. Er braucht bis in zwei Monaten einen Job, mit dem er seine Wohnung bezahlen kann.
  • Isabelle, 31 Jahre, war Top-Performerin im Vertrieb in ihrem Unternehmen. Sie hat für sich herausgefunden, dass sie besser im Recruiting aufgehoben ist und in ihrem aktuellen Unternehmen besteht keine Möglichkeit, sich in diese Richtung zu entwickeln. Sie beschließt, dass sie sich in Ruhe nach einem Unternehmen, welches ihren Wert direkt sieht und ihr Freiraum gibt, umsehen wird, um sich gut in das neue Aufgabengebiet einarbeiten zu können.
  • Mike, 35 Jahre, ist schon lange unglücklich in seinem Unternehmen. Er liefert beständig sehr gute Ergebnisse ab, aber bekommt nicht mal das Vertrauen geschenkt, aus dem Home-Office zu arbeiten. Seine Urlaube werden nur zu rund 20 Prozent zu den von ihm gewünschten Zeiten bewilligt. Er hat zwar Angst davor, nach neun Jahren das Unternehmen zu wechseln, aber er weiß, dass er in einem anderen Job mehr wertgeschätzt wird und dadurch weiter aufblühen kann.

Genau an diesen Stellen beginnen die Jobsuchen. Und für jeden der Kandidat:innen gibt es eine eigene Story, die verfolgt werden muss.

Wie du die Story erkennst und gestalten kannst.

Nachdem die Kandidat:innen ihr "Warum" hinter der Jobsuche gefunden haben, denken sie erstmal an alle ihnen bekannte Unternehmen.

Die Wichtigkeit des Außenauftritts ⭐️

Diesen Teil der Story gestaltest du mit deinem Außenauftritt als Arbeitgeber:in. Viele Unternehmen werden beispielsweise als "richtig guter Arbeitgeber" in ihrer Umgebung wahrgenommen, weil sie viele Arbeitsplätze seit Jahren bieten. Sie sind in der lokalen Presse vertreten und punkten mit Beständigkeit.

Eventuell sind Mitarbeiter:innen von dir auf öffentlichen Veranstaltungen mit Firmen-Pullis unterwegs und führen dort nette Gespräche, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen, oder ihr gewährt regelmäßige Einblicke in eure Kultur, beispielsweise per Instagram.

Dieses Bild kannst du bewusst schärfen und nutzen, um Jules oder Mike ihre Unsicherheiten zu nehmen. Du kannst auch Success Stories von Mitarbeiter:innen teilen, um Isabelle zu zeigen, dass ihr gewünschter Entwicklungspfad bei dir möglich ist.

Haben die Kandidat:innen auf Anhieb nicht genug (spannende) Unternehmen gefunden, beginnen sie zu googeln oder suchen direkt auf den großen Jobbörsen. Die Suche verfeinert sich.

Jobbörsenwahl

Mit der Wahl deiner bespielten Jobbörsen entscheidest du, an welchem Punkt du gerne entdeckt werden möchtest. Bist du beispielsweise auf den großen, generalistischen Jobbörsen wie Indeed, Stepstone oder LinkedIn vertreten, wirst du bereits früh in der Jobsuche wahrgenommen. Bist du auf Nischenseiten wie campusjaeger.de, Pflegia oder ictjob.de unterwegs, findet dich eine spitze Zielgruppe, sobald sie diese Nischenseite entdecken konnte.

Und dann treffen die Kandidat:innen auf deine Ausschreibung – oder im besten Fall auf mehrere, maßgeschneiderte, zielgruppenspezifische Ausschreibungen.

Stellenanzeige 🖥

In der oder den Stellenanzeigen entscheidest du mit deiner Sprache, den gelisteten Benefits sowie den kommunizierten Anforderungen, ob du den Bewerber:innen mehr oder weniger Raum für Entfaltung gibst, wen du mit offenen Armen empfängst und wen du explizit abschrecken willst.

Du gibst alles Wichtige über deine Unternehmenskultur preis durch die Art der Formulierungen und gegebenenfalls auch Bilder.

Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Wer denkt, dass seine/ihre Stellenanzeige bereits optimal ist oder jemals sein kann, hat Recruiting nicht verstanden. Stellenanzeigen müssen agil und stetig Teil von Tests und Experimenten sein.

Und dann entscheidet ein:e Kandidat:in entschieden, sich zu bewerben. Die Entscheidung wird zumeist mit Freunden und Familie besprochen, ist begleitet von Angst vor Ablehnung und vielem Neuen sowie Ungewissem.

Bewerbungsprozess 📝

Durch die erste Reaktion auf eine Bewerbung zeigst du den Kandidat:innen, wie sehr du sie wertschätzt und wie der Ton der Kommunikation ist. Generell gilt: Egal zwischen welchem Kontaktpunkt sollten immer maximal 1–2 Tage Zeit vergehen. Das Wochenende bildet insofern eine Ausnahme, als dass du möglichst immer vor dem Wochenende eine Kommunikation anstreben solltest. Insgesamt ergibt sich so ein Prozess von maximal zwei Wochen ab Bewerbung.

Kontaktpunkte sind zum Beispiel eine Eingangsbestätigung per E-Mail, ein kurzer Anruf nach Bewerbung oder eine Information darüber, wie der Screening-Prozess abläuft und ob alle Unterlagen vorhanden sind (weniger ist mehr).

Die Kandidat:innen sind aufgeregt und wechseln zumeist in den Präsentationsmodus. Das ist gut und verständlich, denn sie wollen den Job und sich von ihrer besten Seite zeigen.

Persönliches Gespräch 💬

Im persönlichen Gespräch, beispielsweise einem ersten Videointerview, schließt sich der Kreis. Du musst nun die Story der Kandidat:innen, ihre Beweggründe, Wünsche und Ängste, anhand des Gesprächs in Kombination mit der Bewerberung herausfinden. Diese Erkenntnisse kannst du dann bewusst im Gespräch sowie beim Probetag immer wieder aufgreifen.

Jules legst du alle Weiterbildungsmaßnahmen dar und erklärst ihm euer Mentoring-Modell. Isabelle beschreibst du, wie toll du es findest, dass sie einen Wechsel vollzieht und welche Chancen du in der Kombination ihrer vorherigen Fähigkeiten mit dem neuen Aufgabengebiet siehst. Mike erzählst du von anderen Jobwechslern im Unternehmen, den Home-Office Möglichkeiten und wie gut sich euer Unternehmen entwickelt.

Und langsam beginnen beide Seiten zu ahnen, dass die Macht eigentlich viel mehr bei den Kandidat:innen liegt als bei dir. Kommt es nun zu einer Absage, ist das für die Kandidat:innen ärgerlich, aber sie können oft rekonstruieren, warum ihnen abgesagt wurde. Kommt es jedoch zu einer Zusage, findet der Machtwechsel ganz offensichtlich statt.

Zusage 🤝

Du sagst den Kandidat:innen zu. Du erklärst ihnen, wie gut sie aus welchen Gründen zu deinem Unternehmen passen und schickst nach der persönlichen Zusage am Telefon noch eine sogenannte Closing-E-Mail, in der du alles Erwähnenswerte aufgreifst. Das Team freut sich schon total auf das neue Teammitglied? Dann teile es dem/der Kandidat:in mit!

Idealerweise spannst du hier den/die Abteilungsleiter:in oder zukünftige Teammitglieder ein. Das ist übrigens die E-Mail, die ich im Eifer des Gefechts – zu Unrecht – fast übersehen hätte.

Niemand mag Schleimer, also darf für die Kandidat:innen ab jetzt auf keinen Fall ein Stilbruch vorliegen – hoffen wir also für dich, dass du zuvor deine Machtposition nicht ausgenutzt hast und nun nahtlos anknüpfen kannst. 

Preboarding & Onboarding

Beide Seiten wollen miteinander arbeiten. Die Kandidat:innen können jedoch weiter nach Jobangeboten schauen, weswegen du im Pre- und Onboarding die individuelle Story der Kandidat:innen immer wieder aufgreifen solltest. Sie endet ohnehin nicht mit dem Beginn bei euch im Unternehmen, sondern wird jetzt zu eurer gemeinsamen Geschichte.

// Nächste Woche werfen wir einen Blick auf sieben Warnsignale, die zeigen, dass dein Recruiting-Prozess kaputt sein könnte.

Was kannst du daraus lernen? 💡

Sei nicht wie ich, sondern sei wie Emanuel und bleibe im kompletten Recruiting-Prozess wachsam für die Candidate Experience. Es gibt unzählige Punkte, an denen du sie positiv oder negativ beeinflussen kannst.

Neben den oben genannten Schritten sind übrigens auch sperrige Bewerbermanagementsysteme ein Haupt-Kritikpunkt von Bewerbernden. Nimm deswegen deinen gesamten Prozess stetig unter die Lupe und verbessere dich kontinuierlich, um deinen Personalbedarf dauerhaft zu decken. Achte zudem nicht nur auf dich selber, sondern schaue auch deinen Kolleg:innen kritisch auf die Finger, wenn sie am Bewerbungsprozess beteiligt sind. So werdet ihr gemeinsam erfolgreich. 🚀

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Hab einen erfolgreichen Start in die neue Woche. Falls du Mehrwert aus dem Newsletter ziehst, erzähle als Ausgleich einem/einer Bekannten davon.

Du willst mehr erfahren? Melde dich gerne per Nachricht bei mir oder lass uns bei einem virtuellen Kaffee 15 Minuten über deine aktuellen Herausforderungen oder Ideen im Recruiting reden: https://calendly.com/simon-zeidler

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Emanuel Meßmer

Busy making Workwise an employer to settle 🚀 | People Experience Manager @ Workwise

2 Jahre

Bezugnahme zum Newsletter: Die Kandidatin hat nach dem Wochenende unser Jobangebot angenommen 💪

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