Beitrag von Robin Mesarosch

Spüren wir noch was? Für viele von uns scheint der Krieg in der Ukraine ein alter Hut geworden zu sein. Er wird lästig in den Nachrichten. Warum fliehen die zu uns? Warum liefern wir Waffen? Warum kostet uns das Geld? Putin hat heute gezielt ein Kinderkrankenhaus in Kiew angegriffen. Ein Krankenhaus. Voller Kinder. Für manche von uns mag das eine Nachricht von vielen sein. Ist es aber nicht. Es ist eine nicht einzigartige, aber seltene Grausamkeit, die was mit uns machen darf. Diese Nachricht kann uns verständlich machen, warum Leute aus der Ukraine in die EU fliehen. Fragen wir uns, wie man solche Raketen stoppen kann, können wir nachvollziehen, warum Deutschland jetzt das dritte Patriot-Luftabwehrsystem an die Ukraine geliefert hat. Klar, ist das teuer. Aber es rettet Leben. Diejenigen, die in der Ukraine trotzdem sterben, tun das, weil Putin sein Land vergrößern will. Das sagt er selbst. Und wer meint, die Ukraine sei aber sehr weit weg von uns, muss sich fragen, wann für ihn der Krieg nah genug sein wird und ob er dann noch etwas ausrichten kann. Es ist eine riesige und heikle Aufgabe, dass der Krieg in der Ukraine nicht eskaliert. Deswegen greifen wir und andere Länder nicht blind ein. Aber deswegen liefern wir Luftabwehrraketen und einiges mehr. Wir hoffen auf Frieden. Aber dem Frieden muss derjenige zustimmen, der gerade Kinderkrankenhäuser beschießt. Darum wünsche ich mir, dass wir diese Nachricht heute an uns ranlassen. Und es stimmt: Auch anderswo leiden Kinder. Die Situation im Gazastreifen ist unmenschlich. Auf sehr andere Weise waren die Hamas-Terroristen bestialisch, als sie israelische Jugendliche auf einem Musikfestival ermordeten. So viel Leid kann uns aus der Bahn werfen. Und uns vergessen lassen, wie viel Gutes auf der Welt passiert. Trotzdem will ich so eine Nachricht wie heute nicht ignorieren. Denn sie erklärt, warum wir im Bundestag tun, was wir tun. Und warum wir nicht abstumpfen oder aufhören dürfen.

Was tun gegen Populisten? Sie einfach mal beim Wort nehmen. Über Atomkraft musste ich jetzt in drei Wochen drei Mal im Bundestag sprechen. Am Freitag wollte die CDU schon wieder darüber reden. Und weil ich das Gefühl hatte, die Konservativen ignorieren meine Argumente, habe ich dieses Mal jemanden zu Wort kommen lassen, dem sie alles glauben: sie selbst. Die Zitate kann jeder googlen. Sie stammen bis auf eines alle von konservativen Politikerinnen und Politikern, die heute noch im Amt sind. Und die plötzlich das Gegenteil von dem behaupten, wofür sie einmal lautstark gekämpft haben. Dazu drei kurze Kommentare: 1. Als Politikerin oder Politiker seine Meinung zu ändern, muss keine Schande sein. Aber wenn man sich erst (und fälschlicherweise) als Vorkämpfer der Anti-Atomkraft-Bewegung feiern lässt und dann aber so tut, als wäre der Atomausstieg die dümmste Idee der Welt – wer soll das ernst nehmen? 2. Wenn sich Umstände ändern, kann es sogar notwendig sein, die eigene Meinung zu ändern. Bei der Atomkraft ist das aber nicht der Fall. Dazu habe ich in den letzten Reden viel gesagt. Kurz: Man kann einen seit Jahren laufenden und nun abgeschlossenen Atomausstieg nicht kurzerhand wieder rückgängig machen. Und vor allem: Es funktioniert heute ohne Atomkraft! Leider behauptet die Union in diesen Tagen, das würde den Strom teurer machen. Vor ein paar Jahren wusste aber selbst Markus Söder, dass das falsch ist (siehe sein Zitat im Deutschlandfunk). 3. Was ich am Ende der Rede sage, ist mir besonders wichtig: Noch bei der letzten Bundestagswahl vor zweieinhalb Jahren waren auch die Konservativen für den Atomausstieg. Es war die AfD, die dagegen Stimmung gemacht hat. Leider ist die Union auf diesen populistischen Zug aufgesprungen. Das ist der kein bisschen witzige, sondern gefährliche Teil. Die CDU hat nun einen Untersuchungsausschuss wegen des Atomausstiegs eingesetzt. Das darf die Opposition – zu recht! – ohne Mehrheit bestimmen. Wenn meine Fraktion mir die Möglichkeit gibt, werde ich ihnen diese Fakten dort aber jede Sitzung um die Ohren hauen. Wir müssen in Deutschland auf die Fakten schauen, nicht womit man gerade Stimmung machen kann.

Atomkraftwerke? Isch over in Deutschland. Manche tun so, als ob das eine spontane Schnapsidee war, bei der es nicht mit rechten Dingen zuging. Das ist falsch. Die Entscheidung fiel vor Jahren und es stecken enorme Planungen dahinter, an denen alle großen Parteien beteiligt waren. Nachweislich hat es auch funktioniert. Trotzdem hat die CDU gestern im Bundestag versucht, aus dem Atomausstieg einen Skandal zu machen. Darum habe ich dem nochmal die Fakten entgegengehalten. Im Bundestag hat die Uniom die Wirklichkeit sehr verzerrt dargestellt. Das finde ich daneben und gefährlich. Und ich finde es schräg, dass wir jetzt die dritte Woche in Folge über Atomkraft reden. Aber wenn CDU und AfD das auf die Tagesordnung setzen, müssen wir das diskutieren. Ich hoffe, das war meine letzte Rede zu Atomkraft. In Deutschland will auch kein Energieversorger mehr ein Kernkraftwerk betreiben. Also was soll das? Umso mehr freue ich mich, dass ich in den nächsten Wochen das Energiedienstleistungsgesetz und das Kohlenstoffspeichergesetz für die SPD verhandeln darf. Das klingt nicht so spannend wie Atomkraft, aber es hilft dem Klimaschutz und es hilft uns. (Riesigen Dank für die vielen Nachrichten und Kommentare zu meinen letzten Atomkraftreden. Ich würde diese Reden lieber gar nicht halten, aber so ist es und Eure sehr lieben Worte machen es auch deutlich leichter. ❤️)

Gestern Nacht ist mein Kollege Matthias Ecke brutal zusammengeschlagen worden. Matthias ist junger Familienvater, Europaabgeordneter von der SPD und ein unglaublich netter Mensch. Jetzt ist er im Krankenhaus, weil er beim Plakate Aufhängen angegriffen worden ist. Als ich das heute mitgekriegt habe, musste ich an eine bereits verstorbene ältere Dame von unserer SPD in Bad Saulgau denken. Sie ging auch im hohen Alter immer nur nachts und meist mit Kapuze plakatieren, weil sie in der Nazizeit erlebt hatte, wie Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten verfolgt wurden. Als ich, es war wahrscheinlich ungefähr 2008, diese Geschichte das erste Mal hörte, war das für mich eine teils interessante, teils tragi-komische Anekdote. Jetzt, 2024, gibt es wieder Parteimitglieder die beim Plakatieren angegriffen werden. So wie es die alte Saulgauer Dame schon in den Zwanzigern und Dreißigern miterlebt hatte. Die Nazis haben nicht mit Konzentrationslagern angefangen. Sie haben politische Gegner eingeschüchtert, zusammengeschlagen und ermordet. (Übrigens haben Hitler und die Nazi-Vorderen das nach außen hin immer lügenderweise abgestritten.) Sind wir jetzt wieder an dem Punkt? Ich sage nicht, dass KZs der logische nächste Schritt sind. Erstens weiß das niemand und zweitens müssen wir das so oder so jederzeit verhindern. Aber was ich weiß: Wir sehen hier gerade eine ganze alte Strategie der Rechtsextremen. Angst verbreiten, Gewalttaten leugnen, den Gegner einschüchtern wollen. Unser Rechtsstaat ist heute viel besser aufgestellt als vor 100 Jahren. Damals haben rechte Richter die Nazis immer wieder freigesprochen oder mit milden Strafen davonkommen lassen, auch wenn die Verbrechen brutal und nachweisbar waren. Trotzdem müssen wir heute ganz genau hinschauen, wie wir diese Verbrecher noch besser und so wirkungsvoll wie möglich stoppen können. Dazu gehört auch nachzuschauen, wie wir Parteien die solche brutalen Machenschaften anheizen, verbieten können. Wir haben schon einige Gesetze geändert. Aber es muss völlig klar sein: Niemand, der in Deutschland Demokratinnen und Demokraten und damit die Demokratie selbst angreift, darf sich bei uns sicher fühlen.

Stell Dir vor, wir bauen ein Atomkraftwerk! Das ist das, was die AfD und Teile der CDU von uns verlangen. Nachdem ich ihnen jetzt schon zig Mal erklärt habe, was für gigantische Nachteile und Risiken Atomstrom mit sich bringt, habe ich mich heute mal darauf eingelassen. Ich habe mir vorgestellt, was zu tun wäre, würden wir ein neues Atomkraftwerk bauen. Ohne jetzt meine Rede zu spoilern, aber schon mal Klartext: Politiker, die uns versprechen, dass sie neue Atomkraftwerke bauen werden, werden uns enttäuschen. Denn sie werden sie nicht bauen. Warum das so ist, spiele ich in meiner Rede durch.

Seit 1 Jahr 0 Atomkraftwerke in Deutschland! „Geht doch gar nicht“, haben manche gesagt. Geht doch. Und geht sogar besser! In diesem Video entkräfte ich einige der beliebtesten Missverständnisse zur Atomkraft. Dankenswerterweise hat die CDU letzte Woche fast alle in einem Antrag nochmal aufgelistet. (Ursprünglich hatte ich das Video nur auf anderen Plattformen gepostet, aber nachdem es jetzt schon die Runde macht: hier, bitte, für alle. 😊) Nochmal drei Punkte, die mir wichtig sind: 1. Der Strompreis ist seit dem Atomausstieg gefallen. Fakt. Warum zahlen viele dann trotzdem noch viel? Grund 1: weil einige in Stromverträgen drinhängen, die sich eben nicht von allein anpassen. (Tipp: Schauen, ob sich ein Wechsel lohnt. Da kann man richtig Geld sparen.) Grund 2: weil es die Netzentgelte sind, die den Strom teuer machen. Und an den steigenden Netzentgelten hätten die letzten drei Atomkraftwerke nichts geändert. Dafür ändern Erneuerbare gerade viel am Strompreis. Sie machen ihn immer günstiger. 2. Das Licht in Deutschland bleibt an. Wir brauchen die alten und teils sehr veralteten Atomkraftwerke definitiv nicht mehr. Wenn es in Deutschland knapp wird, haben wir Reservekraftwerke. Und für die Reserve sind Atomkraftwerke total ungeeignet. Hier brauchen wir Kraftwerke, die nur kurz laufen und vor allem schnell an- und ausschaltbar sind. All das können Atomkraftwerke nicht (stattdessen würden sie Erneuerbare in den Stromnetzen blockieren). Ja, unsere Reservekraftwerke stoßen CO2 aus. Aber erstens stoßen wir seit dem Atomausstieg WENIGER CO2 aus als vorher. Und zweitens arbeiten wir gerade an neuen Kraftwerken mit klimaneutralem Wasserstoff, die in der Übergangszeit einspringen können, wenn der Strom für kurze Zeit knapp oder zu teuer werden sollte. 3. Was ich am Ende meiner Rede sage, will ich kurz nochmal erklären: Auch die CDU wird die Atomkraftwerke nicht mehr anschalten, sollte sie irgendwann gewählt werden. Denn kein Energiekonzern in Deutschland will das mehr machen. Und ohne die geht‘s nicht. Alle wissen, dass das zu teuer ist und Erneuerbare sich mehr lohnen. So ehrlich sollten diejenigen sein, die so tun, als wäre es eine rein politische Entscheidung, Atomkraft einfach wieder anzuschalten. Also: kritisch bleiben, nix erzählen lassen!

Der digitale Staat in Deutschland blockiert sich selbst. Ich hatte hier mit einem Video für das neue Onlinezugangsgesetz geworben, mit dem wir auf Papier verzichten können. Am Freitag hat der Bundesrat aber das bereits von uns im Bundestag beschlossene Gesetz blockiert, so dass es bis auf Weiteres NICHT KOMMT. Das ist schlecht. Und es ist unverständlich. Ein paar Gedanken dazu. 1. Wir verlieren Zeit, die wir nicht haben. Es ist niemals die Frage, ob Deutschland digital wird, sondern wann. An jedem Tag, an dem uns andere Länder digital voraus sind, verliert unser Standort. Die volkswirtschaftlichen Kosten für langsame und komplizierte Papierbürokratie sind enorm. Vor allem: Bis 2030 werden uns eine Million Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst fehlen. Um gegen diese klaffende Lücken irgendwie anzukommen, brauchen wir digitale Verfahren. 2. Bei dem Ziel, schnell zu sein, sind sich alle einig. Und auch sonst gibt es bei der Verwaltungsdigitalisierung eigentlich wenig ideologische Grabenkämpfe zwischen Parteien. Leider übersetzt sich diese Einigkeit offensichtlich nicht in ein pragmatisches Abstimmungsverhalten im Bundesrat. Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um ein gewisses Muster zu erkennen, welche Länder mit welchen Landesregierungen wie abgestimmt haben. Ein auch taktisch motiviertes Verhalten ist der Sache unwürdig. Zumal der Bund noch drei wesentliche inhaltliche Angebote gemacht hat, um diesen Ländern entgegenzukommen. 3. Am Ende geht es wenig um inhaltliche Meinungsverschiedenheiten über das Gesetz. Und auch Parteizugehörigkeiten erklären nicht allumfassend, warum das Gesetz jetzt feststeckt. Es geht ums Geld und wer was bezahlen soll. Richtig ist, dass wir für die Verwaltungsdigitalisierung genügend Geld brauchen, eine klare Kostenaufteilung und eine Perspektive für die nächsten Jahre. Dafür jetzt ein Gesetz zu stoppen, leuchtet mir aber nicht ein. Gerade wenn das Gesetz die völlig veraltete Schriftformerfordernis gekippt und viele weitere kostenneutrale oder kostensparende Änderungen gebracht hätte. Zudem ist allen Beteiligten völlig klar, dass der Bund zum jetzigen Zeitpunkt kein Geld verteilen kann. Wir sind hier also bei Fragen, bei denen es um noch mehr als Verwaltungsdigitalisierung geht. Wie finanzieren wir in Deutschland Digitalisierung, Klimaschutz, Bildung, Verteidigung und all das, wovon wir alle abhängen? Wenn wir hier keine Lösung finden (z.B. die völlig falsch konstruierte Schuldenbremse abzuschaffen oder mindestens zu reformieren), fahren wir nicht nur die Verwaltungsdigitalisierung an die Wand. Gleichzeitig wäre es falsch, auf die große Lösung zu warten, wenn wir jetzt auch an der Verwaltungsdigitalisierung weiterarbeiten können. Auch deshalb finde ich die Entscheidung des Bundesrates falsch. Ich wünsche mir, dass wir im Vermittlungsausschuss zügig eine Lösung finden.

Der Staat wird digitaler! Wir haben das neue Onlinezugangsgesetz beschlossen; das dritte Gesetz, das ich mitverhandeln durfte. Hier die wichtigsten Änderungen: 1. Schriftformerfordernis gestrichen! Kein Ausdrucken mehr, weil man zwischendurch eben doch auf Papier unterschreiben muss. Grundvoraussetzung für komplett digitale Verfahren. Wir haben es beschlossen. 2. Quantensprung bei den Standards! Bislang ein riesiges Problem: Eine Verwaltungsleistung wird digitalisiert, aber andere Länder, Städte und Gemeinden implementieren sie nicht. Das lag auch an zu unterschiedlichen oder fehlenden Standards. Der neue Paragraf 6 ist jetzt das Filetstück des Gesetzes. Architekturvorgaben, Qualitäts- und Interoperabilitätsstandards nach zwei Jahren durch den Bund. Das wird mehr digitale Leistungen in die Fläche bringen. 3. Der Bund wird einige Dienste als Basisdienste bereitstellen. Das Nutzerkonto Bund, ein Suchdienst und ein Siegeldienst werden für Länder und Kommunen nachnutzbar. Praktisch! 4. Kein destruktiver Druck! Wir brauchen digitale Infrastruktur, keine Klagen gegen Kommunen. Das neue Gesetz setzt aufs Ermöglichen statt aktionistischer Rechtsansprüche, die kein Verwaltungsangebot digitaler machen würden. 5. Unternehmen kommen bald komplett digital an ihre Leistungen. Das Bundesinnenministerium hat sich selbst verpflichtet, „digital-only“ für Unternehmen bis in 5 Jahren umzusetzen. Da Unternehmen unsere Verwaltungen besonders häufig in Anspruch nehmen, ist dieser Fokus völlig richtig. 6. Generalklausel für Once-Only ist da! Zukünftig müssen wir nur einmal unsere Daten angeben und die Verwaltung bekommt die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen dafür, dass Sie die Daten an anderer Stelle weiterverwenden können. Das ist abgesegnet vom Datenschutzbeauftragten. Die Herausforderung, die dafür nötigen Register zu modernisieren, bleibt und daran arbeiten wir mit Hochdruck. 7. Vorrang für Open-Source! Wir haben das alte OZG an vielen Stellen aufgeschraubt und sind tief in die Details rein. Damit der Staat auf dem Stand der Technik digital wird, braucht es mehr als eine Gesetzesänderung – völlig klar. Was wir aber beim OZG und beim eGovG rausholen konnten, haben wir rausgeholt. Ein Etappensieg. Weiter geht’s!

WIR ZAHLEN FAHRRADWEGE IN PERU UND UNSERE RENTNER SAMMELN PFAND?!?! Das höre ich gerade überall. Auf Bauernprotesten, im Netz und von Markus Lanz (der sogar falsche Zahlen benutzt). Also was ist das für ein Skandal? Kurzfassung: KEINER! Wen es interessiert, dem erkläre ich im Video, warum das sehr anders ist als behauptet, warum vieles daran sinnvoll ist und wo tatsächlich Probleme liegen.