Aus dem Kurs: Storytelling für Marketing und PR

Der Ur-Mythos: die Heldenreise

Der Urmythos: die Heldenreise. Der Mythenforscher Joseph Campbell veröffentlichte 1949 ein Buch mit dem Titel "Der Heros in tausend Gestalten". Darin fasste er seine Studienergebnisse aus der Analyse von über 4.000 Mythen und Geschichten zusammen. Er fand heraus, dass wir uns immer und immer wieder die gleiche Geschichte erzählen, ganz egal, ob im Mittelalter oder heute, ganz egal, ob in Indien, im brasilianischen Urwald oder im Norden Norwegens, überall finden sich Mythen mit dem immer gleichen Muster. Er nennt dieses Muster Heldenreise. Diese Heldenreise läuft immer gleich ab. Ein Held wird aus seiner vertrauten Umgebung herausgerissen. Er zieht freiwillig oder unfreiwillig in das Fremde und Unbekannte, wird vor eine Reihe von Aufgaben gestellt und besteht Abenteuer und Prüfungen. Diese Erfahrungen verändern den Helden, er kommt zurück in seine alte Welt und verändert diese Welt daraufhin ebenso. Überprüfen Sie es selbst, denken Sie an Odysseus, an König Arthur, an Luke Skywalker aus Star Wars, an Harry Potter oder an Frodo in Herr der Ringe. Die Heldenreise findet sich tatsächlich in vielen Geschichten wieder. Es ist eine der erfolgreichsten Story-Formeln. Aber ist diese Formel auch geeignet für Marken- und Unternehmens-Stories? Ich möchte Ihnen raten, hier vorsichtig zu sein. Denn dieses Muster funktioniert hervorragend für Mythen und Hollywood-Schinken, für Netflix-Serien und fiktive Disney-Filme, aber das Leben, die Realität, ist meist keine Heldenreise. Und in Marken- und Unternehmens-Stories erzählen wir in der Regel von der Realität. Daher will ich Sie gar nicht länger mit der Theorie der Heldenreise belästigen. Als Storyteller und Storytellerin sollten Sie das Modell kennen, aber das reicht auch schon. Für Storytelling in Marketing und PR müssen Sie nicht alle Stufen dieser Reise nacherzählen und das Muster im Detail anwenden. Viel wichtiger ist ein Merkmal guter Geschichten, das auch in der Heldenreise steckt, das aber auch andere Erzählmodelle betonen, wie z.B. die Grenzüberschreitungstheorie von Juri Lotman, es ist ein ganz einfaches Merkmal. Der Held oder die Heldin, die zentrale Figur in der Geschichte, muss sich während der Erzählung verändern. Sie oder er durchläuft einen Transformationsprozess, ist am Anfang anders als am Ende. Isa und Lars, die zwei Studenten aus der Google-Story in Kapitel 2. Am Anfang der Story sind die beiden unbekannte Studenten. Am Ende sind sie mit ihrer Webseite tatsächlich zu Helden von Halle geworden. Harry Love in der Story von Ikea. Am Anfang lernen wir ihn als Messi kennen, dem sein Hobby wichtiger ist als seine Familie. Am Ende hat er sein Leben scheinbar im Griff und kündigt sogar ein neues Familienalbum an. Sie alle durchlaufen in der Geschichte eine Transformation, ein entscheidendes Merkmal für eine gute Story, das man an der zentralen Hauptfigur ablesen kann. Probieren Sie es aus. Sehen Sie sich Ihre Lieblingsstory an und achten Sie auf den Veränderungsprozess, den der Held oder die Heldin durchläuft. Und sehen Sie sich starke Markenstories an. Auch hier werden Sie diesen Transformationsprozess wiederfinden.

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