Aus dem Kurs: Nachhaltiges Design

Unsere linear gestaltete Welt

Aus dem Kurs: Nachhaltiges Design

Unsere linear gestaltete Welt

Seit dem Beginn der Industrialisierung wächst unser Konsum kontinuierlich an. Wir haben eine enorme Auswahl an Dingen in den Supermarktregalen, in Elektrofachmärkten, in Kleidungsgeschäften oder beim Autohändler. Es gibt bei uns in Europa und in den Ländern des globalen Nordens alles im Überfluss und wir müssen uns selten Gedanken darüber machen, ob wir genug haben. Diese Produkte, unsere Häuser, Fortbewegungsmittel, technische Gadgets und die Waren des alltäglichen Gebrauchs haben zur Herstellung Rohstoffe und Energie benötigt. Bei der Gewinnung dieser Rohstoffe und beim Herstellungsprozess werden Schadstoffe freigesetzt, die unsere Böden, Luft und Wasser verschmutzen oder auch zur Erderhitzung beitragen. So wie unsere Produktionsmengen steigen, steigt auch der Bedarf an natürlichen Rohstoffen und die Freisetzung von umweltschädlichen Stoffen. Das stellt uns heute vor enorme Probleme. Die Welt hat nur endliche Ressourcen zur Verfügung und kann auch nur ein bestimmtes Maß an Treibhausgasen kompensieren. Unser Wirtschaftssystem kann deshalb nicht auf unendliches Wachstum ausgelegt sein. Um diese Problematik etwas konkreter zu machen, lassen Sie uns das anhand des Beispiels eines konventionell produzierten T-Shirts anschauen. Für ein T-Shirt wird Baumwolle angebaut und geerntet. Dabei werden Chemikalien und Wasser zur Bewässerung der Felder eingesetzt. Das findet z.B. in Usbekistan statt. Danach wird die Baumwolle in die Türkei transportiert, wo aus dem Rohstoff Garn gesponnen wird. Das Garn muss dann mithilfe von Strickmaschinen zu Stoff weiterverarbeitet werden. Das findet z.B. in Taiwan statt. Der Stoff wird anschließend nach China weiter transportiert, wo er mit viel Chemie gefärbt oder gebleicht wird. Das T-Shirt wird dann in Bangladesch genäht. Schließlich wird es verschifft, z.B. zu uns nach Europa, und kommt hier in die Läden. Wir kaufen es, tragen es im Schnitt 44 Mal, waschen es wahrscheinlich auch genauso oft und werfen es dann schließlich in die Tonne oder in die Altkleidersammlung. Es kommt in eine Sortierfabrik, z.B. nach Holland, und landet schließlich auf dem Second-Hand-Markt in Zambia. Im Laufe seines Lebens legt ein konventionell produziertes Shirt bis zu 34.000 km zurück, verbraucht dabei rund 1.600 l Wasser und emittiert 3,7 kg CO2-Äquivalente. Das ist ein enormer Ressourcenverbrauch, wenn man bedenkt, dass dieses T-Shirt gerade mal 150 g wiegt und wir hier allein in Deutschland heutzutage im Schnitt 27 kg neue Kleidung pro Jahr pro Kopf kaufen. Mehr als 14,8 kg, also mehr als die Hälfte dieser Bekleidung, entsorgen wir als Altkleider. Das Interessante dabei ist, dass laut einer Studie der TU Berlin bei der Verwendung durch Waschen und Trocknen dieses T-Shirts genau so viel Wasser verbraucht und Treibhausgase emittiert werden, wie bei dessen Herstellung, Vertrieb und Entsorgung zusammen. Vordergründig wegen der schlechten Ökobilanz von Waschmaschinen, alten Waschmaschinen, die viel Energie und Wasser verbrauchen oder weil die Kleidung von uns häufiger oder heißer gewaschen wird als nötig. Was diese Beispielrechnung aber vor allem zeigt, ist, dass es wichtig ist, sowohl direkt verursachte Emissionen bei der Herstellung als auch indirekt verursachte Emissionen durch Pflege oder nach der Entsorgung mit in die Kalkulation einzubeziehen, um das gesamte Ausmaß der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu sehen. Dieses T-Shirt beschreibt den klassischen Lebenszyklus unserer Konsumgüter, wie er seit Beginn der Industrialisierung gestaltet ist, nämlich linear. Der Zyklus besteht mehr oder minder immer aus diesen fünf Schritten: Konzeption, Produktion, Vertrieb, Gebrauch und Entsorgung. Am Ende dieses linearen Prozesses steht ein Fragezeichen, weil die Produkte nach dem Wegwerfen natürlich nicht einfach vom Erdboden verschwunden sind. Dieses T-Shirt ist ja nur ein kleiner Teil all jener Dinge, die uns täglich umgeben und die wir konsumieren oder verbrauchen. Ein 2017 vom UN International Resource Panel veröffentlichtes Factsheet geht davon aus, dass 2017 weltweit rund 88,6 Mrd. Tonnen Ressourcen konsumiert wurden. Um nicht mehr Emissionen auszustoßen, als die Erde kompensieren kann, müsste der Verbrauch unserer Ressourcen etwa um die Hälfte sinken. Um das zu erreichen, ist bewusster Konsum eine Notwendigkeit. Im Hinblick auf das gerade gezeigte Beispiel mit dem T-Shirt macht es auch deutlich, dass Designentscheidungen eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie wir mit Ressourcen umgehen und wie viel Emissionen folglich emittiert werden. Bei der Gestaltung der Kollektionen werden stilistisch so kurzlebige Schnitte entwickelt, dass diese nach spätestens einem Jahr wieder unmodern sind. Damit das Kleidungsstück ästhetisch gut aussieht, werden bei der Herstellung häufig giftige Stoffe und Chemikalien eingesetzt, z.B. um den Used Look bei Jeans zu erzielen oder um einem Produkt Glanz zu verleihen. Und das Marketing mit kreativen Werbekampagnen und tollen Slogans zielt auf schnellen Konsum. Wir bekommen konventionell hergestellte Kleidung als schnelllebige Wegwerfprodukte angepriesen. Natürlich spielt Design auch bei der Waschmaschine eine Rolle. Würde sich der Eco-Waschgang als der Standard-Waschgang auf dem Display darstellen, so wäre die Einsparung von Wasser und Strom die logische Folge. Sie sehen, Designentscheidungen gibt es an vielen Stellen eines Produktzyklus. Unser Konsum ist das größte Problem, Design ist der beste Ansatz. Welche Faktoren ich genau damit meine, sehen Sie im nächsten Video.

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