Aus dem Kurs: Kritisches Denken: Methoden und Techniken

Die »5 Why«-Methode

Aus dem Kurs: Kritisches Denken: Methoden und Techniken

Die »5 Why«-Methode

Was passiert, wenn Sie von einem Kind nach dem Warum von etwas gefragt werden? Beispielsweise warum ich in die Schule gehen muss. Die Antwort auf das erste Warum ist meistens sehr sachlich: »Damit du etwas lernst.« Das zweite Warum wird oft auch noch mit guten Argumenten beantwortet: »Damit du später einen guten Job findest, Geld verdienen und deine Familie ernähren kannst.« Das dritte Warum wird jedoch schon etwas schwieriger. Vielleicht sagen wir: »Weil du ansonsten arm bleibst und nur Aushilfsjobs machen kannst.« Und das vierte Warum führt oft zu emotionalen oder verärgerten Antworten: »Hör auf und geh zur Schule, weil ich es so sage!« Die 5-Why-Methode wurde in den 1920er Jahren durch Sakichi Toyoda, dem Gründer von Toyota Industries, entwickelt. Er stellte fest, dass wir durch das wiederholte Fragen von Warum meistens nach der fünften Wiederholung die eigentliche Ursache eines Problems erkannt haben. Die Methode ist unglaublich effektiv und fördert kritisches Denken wie kaum eine andere. Sie kann allerdings auch schnell zu emotionalen Reaktionen führen, wie soeben im Beispiel mit der Schule gesehen. Viele Menschen fühlen sich in die Ecke gedrängt und rechtfertigen sich für ihr Verhalten, wenn zu oft nach einem Warum gefragt wird. Sie denken, dass sie sich verteidigen müssen. Deswegen empfehle ich Ihnen unbedingt, den Beteiligten vor der Anwendung der 5-Why-Methode zu erklären, dass es nicht um Schuldzuweisungen geht, sondern um die Suche nach der Ursache. Die Methode kann alleine, zu zweit und in Teams genutzt werden. Dazu gehen Sie wie folgt vor. Erstens: Definieren Sie die Fragestellung, also das Problem, das gelöst werden soll. Zweitens: Fragen Sie Warum und notieren Sie gemeinsam alle Antworten. Drittens: Fragen Sie noch weitere drei bis vier Mal Warum und notieren Sie wiederum alle relevanten Antworten. Oft ergeben sich verschiedene Pfade, denen wir folgen können, da es meistens bereits nach dem zweiten Warum mehrere Antwortmöglichkeiten gibt. Verfolgen Sie alle Pfade, die relevant erscheinen. Viertens: Nach dem dritten bis fünften Warum finden Sie sehr oft die eigentliche Ursache oder potenzielle Ursachen, denn nicht immer ist sofort erkennbar, welche Ursache tatsächlich im Spiel war. Fünftens: Überprüfen Sie alle Ursachen, um herauszufinden, welche die zutreffende ist. Vielleicht erkennen Sie dabei, dass es eine Kombination war, oder Sie entdecken eine noch tiefer liegende Ursache, die Sie zuvor nicht erkennen konnten. Ein Tipp aus der Praxis: Es ist hilfreich, eine neutrale Moderatorin für die Methode hinzuzuziehen. Diese achtet darauf, dass emotionale oder rechtfertigende Antworten sofort aufgegriffen und aufgeklärt werden, damit die Emotionen wieder rausgenommen und der Fokus auf die Ursachenfindung gelegt wird. Wenn Sie als Führungskraft fünfmal Warum fragen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihre Mitarbeitenden sich früher oder später angeklagt fühlen und für ihr Handeln rechtfertigen. Warum probieren Sie die Methode nicht demnächst einmal aus?

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