Aus dem Kurs: Grundlagen der guten Gestaltung

Gestaltgesetze berücksichtigen

Alles, was wir sehen, ist von Erinnerungen und Erfahrungen beeinflusst. So auch die einfachsten Formen. Wir bekommen von unserem Auge Impulse, und unser Gehirn interpretiert das Ganze. Das ist ähnlich wie mit der Werbung. Wir werden ja auch von der Werbung beeinflusst, und wir als Gestaltende wollen das ja auch mit Werbung beeinflussen. Und so wird auch unser Gehirn beeinflusst von dem, was wir sehen. Und aus diesem Wissen entstand anfangs des 20. Jahrhunderts die Forschungsrichtung der Gestaltpsychologie und daraufhin die Gesetze der Wahrnehmung bzw. die Gestaltgesetze. Und mit denen kann man agieren, um gut zu gestalten, um ein gutes Layout zu bekommen, wenn man eben weiß, wie man bestimmte Formen miteinander kombinieren und anordnen muss, um genau das bei den gegenüber zu bewirken, was man bewirken möchte. Das fängt mit dem Gesetz der Nähe an. Ein sehr einfaches Gesetz. Das besagt, dass Elemente, die eben aneinander angeordnet sind, die nah beieinander stehen, auch zusammengehören. Das fast unser Auge gleich als Einheit zusammen. Das sieht man hier in der Reihe sehr schön, dass einfach hier Vertikale entstehen, dadurch dass die Kreise untereinander immer enger beieinander stehen als die daneben. Und dadurch entstehen in dem Fall einfach für uns automatisch Gruppen. Es gibt auch das Gesetz der Einfachheit bzw. der Prägnanz. Und wir tendieren dazu, dass wir immer eine möglichst einfache Form wahrnehmen möchte, wenn wir etwas sehen. Jetzt sehen Sie in diesem Beispiel zwei Quadrate, die aufeinander liegen und das eine Quadrat ist dabei gedreht. Wenn das Ganze so angezeigt ist, sieht man gleich sofort, dass es hier gelbe kleine Dreiecke sind, die angeordnet sind. Man versucht also immer die möglichst einfachste Form zu sehen in dieser Gesamtgestalt. Es gibt auch das Gesetz der guten Fortsetzung. Und das darf ich im Moment an meinen zwei Töchtern live miterleben, denn die sind beide noch im Kindergarten und haben die typischen Vorschulbücher, die sie durcharbeiten. Und da gibt es immer Übungen auch dazu, genau zu diesem Thema, wie Linien fortgeführt werden, dass man eben die Linien nachfährt. Und so wird das Ganze eher so nachgefahren als so, denn ein Knick, eine Ecke erschwert das Ganze, d.h., dass wir Linien immer so wahrnehmen als folgten sie dem einfachsten Weg, als würde es in der Spur weitergehen wie bei der gelben Linie. Das Gesetz der Kontinuität besagt, dass wir Linien erkennen, obwohl hier in diesem Pfeil die gestrichelte Linie oder auch die Kreise gar nicht mit einer Linie verbunden sind. Die stehen nahe bei Sammeln, und es wird einfach weitergeführt. Das Gesamtbild ergibt also auch hier wieder eine sehr einfache Linie, die wir ganz automatisch ablesen, obwohl jetzt gar nicht alle Elemente miteinander mit einer Linie verbunden sind. Das nächste Gesetz geht um die Geschlossenheit. Und wenn eben eine Gruppe von Elementen zusammen angelegt sind wie in diesem Beispiel, dann versuchen wir auch hier wieder Elemente zu schließen und damit eine geschlossene Form zu generieren, keine offene. Auch wenn keines dieser Elemente jetzt komplett geschlossen ist, sehen wir aber in dem linken Beispiel ein weißes Rechteck über den anderen Elementen liegen. Und auf der rechten Seite sieht man automatisch den Buchstaben F, obwohl die Linien nicht durchgezogen sind. Mit dem Gesetz der Geschlossenheit bevorzugt unser Gehirn eine geschlossene Form zu generieren, obwohl sie eigentlich offen ist. Das Gesetz der Gleichheit besagt, dass ähnliche und gleiche Objekte zusammen gruppiert werden. Das wird automatisch in unserem Hirn als Gruppe wahrgenommen wie in der Mitte die kleinen Punkte, auf der rechten Seite die gelben Elemente, obwohl Sie jetzt gar nicht immer die gleiche Grundform zeigen. Und hier kommt es darauf an, was stärker überwiegt. Die Farbe stärker als die Form in sich. Bei der Symmetrie geht es darum, dass Elemente in symmetrischer Anordnung auch immer als Gruppe wahrgenommen werden im Gegensatz zum rechten Beispiel, wo die Kreise einfach wild platziert sind und unser Gehirn hier keine Ordnung schafft. Das ist immer ganz wichtig, wir brauchen Ordnung, unser Gehirn braucht Ordnung, und automatisch versucht es hier immer zu gruppieren, wenn dann die Objekte symmetrisch angeordnet sind. Im Gesetz der Erfahrung geht es darum, dass undefinierte Elemente wie z.B. der schwarze Kreis mit dem kleinen Dreieck in der Mitte, dass diese Elemente aus unserer Erfahrung heraus eine bestimmte Gestalt annehmen. In dem Fall kennen wir dieses Symbol einfach als Play-Button, und dann erkennen wir das automatisch immer wieder oder auf der linken Seite haben wir aus unserer Erfahrung heraus auch dieses dreidimensionale Sehen und können aus diesen Geraden und Linien automatisch z.B. ein Blatt Papier erkennen, auf dem ein Würfel drauf gemalt ist. Unten sehen wir ganz automatisch jeweils den Buchstaben H einmal wie eine Art Blindprägung. Und das zeigen immer die Schattierungen an, ob das Ganze nach innen gewölbt ist oder nach außen gewölbt ist. Das kommt einfach aus unserer Erfahrung des Sehens. Und das ist Ihnen sicherlich auch bekannt, die Figur-Grund-Trennung. Da gibt es ganz viele Beispiele dafür, die man sehen kann, und in dem Fall wird immer Vorder- und Hintergrund voneinander getrennt. Und die wichtigen Informationen liegen dabei immer im Vordergrund, die unwichtigen treten zurück, treten also in den Hintergrund. Und da kann man wirklich mitspielen. Gerade in der Logo-Gestaltung wird das Ganze häufig eingesetzt, dass eben daraus Elemente entstehen. Und dieses Beispiel, die Rubinsche Vase des dänischen Psychologen Edgar John Rubin sieht man ganz, ganz häufig in diesem Beispiel, dass es entweder zwei Profile sind, zwei Gesichter in Schwarz oder eben in Weiß die Vase dargestellt wird. Und auch dieses Beispiel ist sehr passend dafür, das ist das Logo des Kölner Zoos. Und erst einmal sieht man den Elefanten, und auf dem zweiten Blick sieht man dann aber ganz links z.B. die zwei Türme vom Dom, man sieht in der Mitte das Nashorn und ganz recht sieht man die Giraffe, und das Auge ist sogar ein Stern. Und da kann man natürlich wirklich wunderbar mitspielen, um auch im Gedächtnis zu bleiben, um den Blick des Betrachters noch länger bei sich zu haben und zu führen. Unsere Wahrnehmung wird durch diese Gesetze der Wahrnehmung beeinflusst, aber auch durch z.B. Dinge, wie wir in der westlichen Welt lesen, dass wir von links nach rechts lesen, dass wir die Überschrift immer über unserem Fließtext stehen haben. Das dient zur Orientierung. Und das alles spielt zusammen, um ein gutes Design zu schaffen. Wenn Sie also diese Gesetze der Wahrnehmung mitberücksichtigen, dann können Sie genau das bei Ihren Gegenüber bewirken, was Sie auch bewirken möchten mit Ihrer Gestaltung.

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