Aus dem Kurs: Gewaltfreie Kommunikation – die Herzenssprache nach M. Rosenberg

GFK in der Arbeitswelt

Besser abgestimmt, besser verstanden, erreichen wir Ziele wohl leichter. Wir arbeiten gemeinsam und gleichzeitig bleibt der Freiraum des Individuums erhalten und das braucht es auch. Rund 15 % der Arbeitszeit sind dem Konflikt gewidmet. Das zeigen unterschiedliche Studien in den letzten Jahren. Wenn wir uns bedroht fühlen, entweder körperlich oder sozial, wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet und hindert uns am Denken. Was das an Produktivität und vor allem an Nerven kostet, das mag ich mir gar nicht erst ausrechnen. Ich darf Ihnen hier noch ein weiteres sehr sinnvolles und auch einleuchtendes Modell näherbringen, das eine herrliche Ergänzung zur GFK darstellt. Während das SCARF-Modell von David Rock einen neurologischen Ansatz verfolgt, es fokussiert sich auf die Auswirkungen von Bedrohungen auf das Gehirn, konzentriert sich die GFK auf die menschliche Kommunikation und die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen. Wenn wir beide Ansätze kombinieren, gelingt es ein tieferes Verständnis für die zwischenmenschliche Kommunikation und Interaktion zu entwickeln und somit effektiver und harmonischer in der Zusammenarbeit zu agieren. Das SCARF-Modell beschreibt die fünf Bedürfnisse, die unser Gehirn aktivieren oder auch deaktivieren können und genau das beeinflusst wiederum unsere Gefühle und in weiterer Folge unser Verhalten. Also, auf welche sozialen Bedürfnisse gilt es gerade im Arbeitsumfeld Rücksicht zu nehmen? Das Bedürfnis nach Respekt innerhalb der Gruppe, Status. Wir wünschen uns Sicherheit, ein gewisses Maß an Vorhersehbarkeit, Stabilität und Kontrolle. Ist das gegeben, tritt das Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung auf den Plan. Wir wollen eigene Perspektiven haben, Entscheidungen treffen und Kontrolle über unser Leben haben. Jetzt kommt das Bedürfnis nach sozialen Beziehungen, Zusammenarbeit und Verbundenheit mit anderen. Und schlussendlich wünschen wir uns Gleichheit, Fairness und Wahrung von Rechten und Werten. Das Akronym SCARF steht für Status, Certainty, Autonomy, Relatedness, Fairness. Durch diese Leitplanken gelingt es Führungskräften genauso wie Kolleginnen und Kollegen die Bedürfnisse im Team besser einzuordnen. Und jetzt kommt die GFK ins Spiel als wirklich mächtiges Werkzeug. Eine Führungskraft löst Konflikte im Team leichter, weil durch empathisches Zuhören die Bedürfnisse aller Beteiligten erkannt werden. Wenn klar ist, welche Bedürfnisse die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, ist es leichter, das passende Umfeld zu schaffen, damit wirklich das volle Potenzial ausgeschöpft werden kann. Feedbackgespräche ohne GFK, ohne Empathie und die Bereitschaft zuzuhören? Lieber gar nicht führen. Leider gibt es nur sehr wenig aussagekräftige Studien, die sich mit der Wirkung von GFK in Unternehmen beschäftigen. Eine recht umfassende Masterarbeit von Magister Derkits konnte ich aufstöbern und das Fazit hier lautet: "Die bewusste Auseinandersetzung mit der GFK trägt zur Verbesserung der Kommunikationskompetenz bei. Im beruflichen Alltag ermöglicht sie die Stärkung des Selbstwert, erfüllende Beziehungen und besonnenes Handeln in Konfliktsituationen." Klingt doch sehr anstrebenswert und führt zu der besonders in der Arbeitswelt so wichtigen psychologischen Sicherheit. Also dem Gefühl, dass niemand im Team sich fürchten muss, in Verlegenheit gebracht zu werden, zurückgewiesen oder bestraft zu werden, wenn er oder sie seine Meinung sagt. Belohnung hingegen bedeutet Schleusen auf für das Glückshormon Dopamin. Und wir wollen mehr davon. Gerade wenn sich Unternehmen oder die Welt neu ordnet, ist diese Qualität essenziell, denn nur im psychologisch sicheren Klima trauen wir uns, Neues zu probieren und zu lernen. Es könnte ja auch sein, dass es schiefgeht. Kein Vertrauen ohne Trauen.

Inhalt