Aus dem Kurs: Für sich selbst und unterrepräsentierte Gruppen eintreten

Wendepunkte versäumen – und warum es in Ordnung ist

Aus dem Kurs: Für sich selbst und unterrepräsentierte Gruppen eintreten

Wendepunkte versäumen – und warum es in Ordnung ist

In meiner beruflichen Laufbahn bin ich vielen versäumten Wendepunkten begegnet, Momenten voller unausgesprochener Wahrheiten, die von Scham und Angst begleitet wurden. Ich erinnere mich noch lebhaft an meine Zeit in einer kleinen Softwarefirma. Dort fanden regelmäßig virtuelle Teammeetings mit Kolleg:innen aus Malta statt. Nach diesen Meetings musste ich miterleben, wie leitende Führungskräfte wiederholt unpassende Witze und herabwürdigende Bemerkungen über den queeren Personalleiter äußerten. Damals war ich erst vier Monate im Unternehmen, noch in der Probezeit, und hatte mich am Arbeitsplatz nicht als queer geoutet. Trotz meiner Rolle in der Personalabteilung, die auch das Coaching von Führungskräften beinhaltete, griff ich nicht ein. Die Unternehmenskultur, besonders auf der Führungsebene, war deutlich von queerfeindlichen Einstellungen geprägt. Ich befürchtete, dass eine Konfrontation meine Position im Team gefährden und mich in den Augen meiner Kolleg:innen als überempfindlich oder schwierig darstellen könnte. Diese Befürchtung erschien mir insbesondere während meiner Probezeit ein großes und hohes Risiko zu sein. Diese Momente, in denen ich mich nicht äußerte, wurden zu einem versäumten Wendepunkt in meiner Karriere. Nach sechs Monaten in der Firma entschied ich mich, meinen Job während der Probezeit zu kündigen. Solche Momente sind ein normaler Teil des Berufslebens und können wichtige Lektionen enthalten. Ich habe daraus Folgendes gelernt. Es ist in Ordnung, wenn man nicht immer die Kraft oder die Mittel hat, für sich selbst oder für andere marginalisierte Gruppen einzustehen. Die Verantwortung für die Schaffung eines sicheren und respektvollen Arbeitsumfeldes liegt beim Unternehmen und nicht bei den marginalisierten Mitarbeitenden. Es ist absolut legitim, einen Arbeitsplatz zu verlassen, wenn er im Widerspruch zu den eigenen Werten und Prinzipien steht. Diese Erfahrungen haben mich in meiner Entwicklung als Mensch und als Experte für Antidiskriminierung stark geprägt. Sie lehrten mich, wie wichtig es ist, für ein Umfeld zu kämpfen, das Vielfalt und Respekt fördert und bestärkt mich in meinem Engagement für Gleichberechtigung und Inklusion am Arbeitsplatz. Überlege dir, wann du Wendepunkte versäumt hast. Wieso hast du sie versäumt? Erkennst du eventuell ein Muster? Reflexion ist der erste Schritt, einen Wendepunkt zu meistern.

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