Aus dem Kurs: Freude am Lernen entwickeln

Lernen verstehen: die neuronale Perspektive

Aus dem Kurs: Freude am Lernen entwickeln

Lernen verstehen: die neuronale Perspektive

Woran denken Sie bei dem Wort "lernen"? An Schule, an Ihre letzte Weiterbildung, an ein Buch? Macht es Ihnen Freude oder verspüren Sie Magengrummeln? Horchen Sie in sich hinein und notieren Sie, was Sie bei dem Wort "lernen" denken und fühlen. Fertig? Dann lassen Sie uns jetzt einmal genauer betrachten, was Lernen eigentlich bedeutet. Aus neuronaler und biologischer Sicht lernt unser Gehirn permanent. Es fängt im Mutterleib damit an und hört erst auf, wenn uns der letzte Atemzug verlässt. Ständig treffen Reize aller Art auf unser Gehirn; visuelle, also alles, was unsere Augen sehen, auditive über unsere Ohren, sensorische, taktile, haptische, also über unsere Hände, Füße, die Haut und den Körper, und olfaktorische, über den Geruchssinn. Das meiste verarbeitet unser Gehirn, ohne dass wir etwas davon merken. Es bewertet die Reize nach Wichtigkeit, vergleicht sie mit gespeicherten Erfahrungen, sortiert sie, fasst sie zusammen, leitet Muster und Regeln ab und speichert erneut. Aus dieser Rechenleistung entstehen Gedanken, Gefühle oder Bewegungsabläufe. Dabei lernen wir oft mit einem anderen Sinn, als uns bewusst ist bzw. Lernwege werden erst bewusst, wenn ein Fehler auftritt. Lassen Sie uns das an drei Beispielen verdeutlichen. Erstens: Wie merken Sie sich z.B. die PIN Ihres Mobiltelefons oder Ihrer Bankkarte? Es gibt viele Menschen, die merken sich nicht nur die Zahlenfolge, sondern vor allem den Bewegungsablauf auf der Tastatur. Das fällt uns oft erst dann auf, wenn die Zahlen auf der Tastatur anders angeordnet sind und wir unsicher werden, weil unser Gehirn einen Widerspruch zwischen der Zahlenfolge und dem Bewegungsablauf wahrnimmt; irgendetwas stimmt nicht. Zweites Beispiel: Denken Sie an Ihre Alltagswege, auch hier baut unser Gehirn gelernte, automatische Abläufe ein. Ihr Weg zur Arbeit dürfte ein solcher automatisch abgespeicherter Ablauf sein. Und wenn Sie ein Ziel haben, das zunächst die gleiche Wegstrecke wie der Arbeitsweg hat, passiert es schnell, dass Sie den geplanten Abzweig verpassen und plötzlich vor dem Büro stehen, obwohl Sie woanders hin wollten. Ein drittes Beispiel zielt auf das visuelle Gedächtnis. Was tun Sie, wenn Sie unsicher sind, wie ein Wort geschrieben wird. Viele tendieren dazu, Schreibweisen anzusehen und zu erinnern, was richtig oder falsch aussieht, denn unser Gehirn lernt nicht nur Rechtschreibregeln, sondern eben auch Bilder von Wörtern. Stellen Sie sich Ihr Gehirn vor wie eine Landkarte. Es gibt breite Autobahnen, schmalere Landstraßen, kleine Feldwege, Trampelpfade und unberührten Dschungel. Manche Orte im Gehirn sind gut erreichbar, weil viel verschiedene Wege zu diesem Ort führen; andere Ziele sind versteckt und nur auf einem einzigen Weg erreichbar. Wege die oft benutzt werden, werden breiter, und solche, die lange nicht benutzt werden, wuchern wieder zu. Forscher:innen nennen das die Plastizität des Gehirns. Jedes Gehirn ist diesbezüglich einzigartig. Gehirnforscher Gerald Hüther sagt: "Unser Gehirn entwickelt sich so, wie wir es mit Begeisterung benutzen." Was heißt das also für Ihr Learning Mindset und Ihren Lernerfolg? Erstens: Unser Gehirn lernt immer und mit allen Sinnen. Zweitens: Unsere Einstellung spielt eine wichtige Rolle, ob wir etwas einfach oder schwer lernen. Und es ist, drittens, eine Frage des Trainings. Letztlich arbeitet unser Gehirn wie ein Muskel: Viel Training, viel Fitness; wenig Training, wenig Fitness. Neuronal und biologisch betrachtet ist es also überhaupt keine Frage, ob Sie lebenslang lernen; Sie tun es sowieso. Die Frage ist eher, ob Sie im Training bleiben und wie Sie Ihr Lernpotenzial einsetzen.

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