Aus dem Kurs: Finanzwissen für Gründer:innen, Selbstständige und Kleinunternehmer:innen

Den Bedarf an Eigen- und Fremdkapital ermitteln

Aus dem Kurs: Finanzwissen für Gründer:innen, Selbstständige und Kleinunternehmer:innen

Den Bedarf an Eigen- und Fremdkapital ermitteln

Ohne ausreichende Finanzierung laufen Sie gerade bei einem kleinen oder gerade gegründeten Unternehmen schnell Gefahr in die roten Zahlen oder in eine finanzielle Schieflage zu kommen. Es ist also wichtig, dass Sie Ihren Bedarf an finanziellen Mitteln möglichst realistisch planen. Und das für ein ausreichend langen Zeitraum, beispielsweise für ein bis zwei Jahre. Zwar möchten Sie schnellstmöglich mit Ihrem Unternehmen in die Gewinnzone kommen und Ihre laufenden Kosten decken, aus Sicherheitsgründen empfiehlt es sich aber für das erste Jahr ausreichend Mittel auch ohne Gewinne zur Verfügung zu haben. Zur Ermittlung des Kapitalbedarfs gehen Sie am besten in zwei Schritten vor. Zuerst müssen Sie den gesamten Kapitalbedarf ermitteln. Wie viel Kapital brauchen Sie im nächsten Jahr voraussichtlich? Im nächsten Schritt überlegen Sie, welchen Anteil dieses Kapitalbedarfs Sie selbst aus eigenen Mitteln aufbringen können. Der Rest ist dann Ihr Finanzierungsbedarf, für den Sie anschließend nach passenden Kreditgebern oder Investoren suchen müssen. Um Ihren gesamten Kapitalbedarf zu planen, müssen Sie ermitteln, welche Investitionen und Ausgaben auf Ihr Unternehmen zukommen werden. Nachfolgend gebe ich Ihnen dazu verschiedene Beispiele. Wenn Sie physische Produkte herstellen oder vertreiben, brauchen Sie Maschinen, Material oder Waren. So muss beispielsweise der Besitzer einer Werkstatt ausreichend Werkzeuge und Ersatzteile zur Verfügung haben. Die muss er in der Regel vorfinanzieren, damit er damit später eine Wertschöpfung und damit Gewinn beim Kunden erreichen kann. Wenn Sie also Freiberufler eine Dienstleistung anbieten möchten, brauchen Sie zwar keine Rohstoffe oder Teile, aber Sie müssen dennoch Ihr Büro einrichten. Dazu gehören auch Büromaschinen, wie Kopierer oder Drucker. Zudem benötigt jeder Unternehmer Räume für seine Tätigkeit. Es ist zu überlegen, ob Sie selbst über ausreichende Räume verfügen, in eine passende Immobilie investieren, oder entsprechende Räume anmieten. Sollten Sie eine Immobilie kaufen wollen, ist der voraussichtliche Kaufpreis natürlich beim Kapitalbedarf zu berücksichtigen. Sollten Sie lieber mieten, müssen Sie die Miete bei den laufenden Kosten berücksichtigen. Desweiteren zählen zu den laufenden Kosten noch Ausgaben für Personal, falls Sie Mitarbeiter beschäftigen, Ausgaben für Bürobedarf und Kommunikation, wie beispielsweise die Telefonrechnung und die Kosten für Porte oder Papier. Wenn Sie hauptberuflich in Ihrem Unternehmen tätig sind, kommen zu diesen Positionen noch die Kosten für Ihre private Lebenshaltung dazu. Dieser Punkt wird von vielen Gründern oftmals übersehen oder zu gering berechnet, was dann in den ersten Monaten schnell zu Problemen führen kann. Beispiele für die Kosten der privaten Lebenshaltung sind Miete und Nebenkosten, Leasing-Kosten des privaten PKWs, Ausgaben für Lebensmittel und Benzin, Kosten für Versicherung und sonstige Ausgaben für Urlaub, Geschenke und andere private Ereignisse. Durch die Addition aller dieser Positionen ermitteln Sie nun Ihren Kapitalbedarf. Zusätzlich ist zu empfehlen dazu noch eine weitere finanzielle Reserve von 10 bis 20 Prozent des Kapitalbedarfs für unvorhergesehene Ereignisse einzukalkulieren. Dieser Puffer kann Ihnen bei Krisen oder falscher Planung Ihres Bedarfs oftmals nützlich sein. Hier sehen Sie eine Beispielrechnung für die Ermittlung des Kapitalbedarfs eines kleinen handwerklichen Betriebes. Für Maschinen werden 20.000 Euro benötigt, einiges an Material und Ersatzteilen wird zudem vorfinanziert und auf Lager bereitgehalten, sodass dafür 5.000 Euro anzusetzen sind. Für die Büroausstattung werden Investitionen von ebenfalls 5.000 Euro angenommen. Die benötigten Räume werden günstig angemietet, sodass im ersten Jahr Mietzahlung von 10.000 Euro einzukalkulieren sind. Personal wird nicht beschäftigt. An Bürobedarf und Kommunikationskosten werden für das erste Jahr 1.000 Euro angenommen. Bei den privaten Lebenshaltungskosten wird mit 24.000 Euro pro Monat gerechnet. Zusammen kommt der Betrieb so auf ein Kapitalbedarf von 65.000 Euro für das erste Jahr. Zusätzlich wird noch eine finanzielle Reserve von 15 Prozent in Höhe von 9.750 Euro hinzuaddiert. Der Gesamtkapitalbedarf befindet sich somit bei 74.750 Euro. Im zweiten Schritt prüfen Sie dann, welchen Teil dieses Kapitalbedarfs Sie selbst finanzieren können, und wie hoch der restliche Finanzierungsbedarf ist. In unserem Beispiel verfügt der Gründer des Betriebs über eine finanzielle Rücklage von 30.000 Euro, die er in sein Betrieb investieren möchte. Es verbleibt ein Finanzierungsbedarf von 44.750 Euro. Dieser kann nun durch Investoren oder Kreditgeber gedeckt werden. Investoren würden zusätzliches Eigenkapital ins Unternehmen einbringen, verlangen dafür aber oft Mitspracherechte oder eine entsprechende Rendite auf ihre Einlage. Gerade für kleine Betriebe sind solche Renditen zu Beginn nur schwer zu erreichen. Somit verbleibt die Möglichkeit eines Teilhabers, der aber oft auch an der Leitung des Betriebes und dem Gewinn beteiligt ist. Der Inhaber in unserem Beispiel möchte keinen Teilhaber und kann stillen Investoren ohne Mitspracherechte zu wenig Aussichten auf eine entsprechende Rendite bieten. Deshalb bleibt nur die Finanzierung über Kreditinstitute. Um hier eine Kreditzusage zu bekommen, ist jedoch in der Regel ein ausführlicher Business Plan nötig. Dieser Kurs vermittelt Ihnen für die Erstellung eines solchen Plans schon einiges an notwendigen Finanzwissen. Neben normalen Krediten sollten Sie auch die Möglichkeiten von Förderkrediten, beispielsweise durch die Investitionsbank prüfen.

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