Aus dem Kurs: Change Management – Grundlagen

Prozesspsychologie

Es dürfte Ihnen bereits klar geworden sein: Der Umgang mit Emotionen ist eine Hauptaufgabe, wenn ein Veränderungsprozess mit hoher Mitarbeiterbeteiligung gestaltet werden soll. Das gilt nicht nur für den Umgang mit Einzelpersonen, sondern auch für den gesamten Prozess an sich. Denn die Erfahrung zeigt, dass ein hervorragendes Veränderungskonzept mit sinnvollen Zielen und einer realistischen Terminplanung trotzdem fehlschlägt, wenn bei der Umsetzung das Verhalten und die Bedürfnisse der Menschen aus dem Blick geraten. Stellen Sie sich ein Change Prozess wie eine Theateraufführung auf einer öffentlichen Bühne vor. Damit die Aufführung ein Erfolg wird, braucht es vier Zutaten. Erstens, wie das Stück heißt. Welchen Inhalt es hat. Und welche Aussage dem Publikum transportiert werden soll. Also eine Vision beziehungsweise ein Ziel der Veränderung, dass Sinn macht. Zweitens, wer welche Rollen im Stück besetzt, wann auftritt und welcher Teil des Textes auf die Bühne gebracht wird. Das ist der glaubhafte Prozess und die nachvollziehbare Struktur der Veränderung. Drittens, dass alle am Stück Beteiligten wie Bühnenarbeiter, Masken- und Kostümbildner, Schauspieler und die Regie das Rüstzeug besitzen oder lernen wollen, um ihre Rolle wirksam auszufüllen. Das ist der Kompetenzaufbau der Mannschaft, den jede nachhaltige Veränderung braucht. Und Viertens und zuletzt, natürlich die zahlreichen Proben, um das Zusammenspiel und die Inszenierung einzuüben. Das ist die Umsetzung der Veränderung. Denn die Mitarbeiter müssen verstehen, welche Rolle sie im neuen Stück spielen sollen. Damit sie die Rolle annehmen, braucht es Zeit für Proben und die Hilfe durch einen Regisseur, der das Stück kennt. Insbesondere diese vierte Zutat, die Inszenierung des Veränderungsprozesses, stellt Agenten der Veränderung und Führungskräfte oft vor Herausforderungen. Ich rate Ihnen daher, folgende Schritte zu beachten. Ein starker, emotional wirkender Beginn ist nötig, damit deutlich wird, dass etwas Neues versucht werden soll. Dies klappt am besten, wenn Sie einerseits das bisher Erreichte würdigen und andererseits deutlich machen, dass die Kosten der Nicht-Veränderung höher sind als das Risiko der Veränderung. Dafür braucht es eine Verstärkung der Kommunikation, den Entscheidungsträger. Spezielle Formate, die ich Ihnen gleich vorstellen werde, unterstützen diesen starken Beginn, ein attraktives Bild der Zukunft entwickeln, das Sinn stiftet, und für das es sich lohnt, Energie einzusetzen. Dieses Bild entwickeln Sie am besten an der Gruppe aus Befürwortern des Wandels, also der Koalition der Willigen, und nutzen Werkzeuge aus der Szenariotechnik, dem Design Thinking oder dem Innovations-Management. Einen flexiblen Masterplan formulieren, der die Verzahnung zwischen dem Status Quo und dem Veränderungsprozess herstellt. Hier ist es wichtig, rasche erste Erfolge der Veränderung zu formulieren, damit sichtbar wird, wie die Veränderung funktionieren kann. Der Masterplan setzt eindeutige Signale, dass sich jeder bewegen muss, und stellt durch regelmäßige Entscheidungspunkte sicher, dass der Masterplan immer anpassbar ist und nicht blind durchgesetzt wird. Die Veränderung als Reparatur bei laufendem Motor zu begreifen und zu managen, ist wichtig. Beobachten Sie aufmerksam und gehen bei Überraschung und Widerstand nicht zu der Tagesordnung über. Denn diese Phänomene enthalten fast immer eine Botschaft, den Prozess anzupassen. Moving Targets sind für einen wirksamen Veränderungsprozess typisch und ein Zeichen von Professionalität. Zeit und Raum für das Lernen der Veränderungen. Planen Sie ausreichend Zeit für den Kompetenzaufbau, die Verhandlung von neuen Spielregeln und das Einüben neuer Prozesse und Strukturen. Begrüßen Sie Fehler als Beleg, dass Sie wirklich etwas verändern. Feiern und würdigen Sie Erreichtes. Aber achten Sie auch auf kulturelle Diskrepanzen, die blinde Flecken anzeigen. Passt das Vergütung- und Karrieresystem noch? Ist die IT-Infrastruktur wirklich unterstützend?

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