Ist das das Ende der Steuergerechtigkeit: zunehmend disruptive und aggressive digitale Geschäftsmodelle aus Asien versus eine Steuerpolitik, die von #Temu und Co. bis vor Kurzem noch nichts gehört hat?
Mit Ach und Krach haben wir heute in der Nacht den Bundeshaushalt 2025 hinbekommen. Gleichzeitig lassen wir Milliarden an Steuereinnahmen bei den digitalen Geschäftsmodellen liegen. Wie passt das zusammen?
Auf dem Taxdoo Innovation Summit 2024, dessen Zusammenfassung Ihr in der heutigen Ausgabe der WirtschaftsWoche lesen könnt, hat Betriebsprüfer Stefan Werner (in nicht-dienstlicher Funktion) eindrucksvoll gezeigt, was die Finanzverwaltung alles könnte, wenn man ihr nur in der Breite die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stellen würde.
Gleichzeitig hat Alexander Graf auf dem Summit verdeutlicht, dass man in Asien nicht darauf wartet, bis man im Bundesministerium der Finanzen die Geschäftsmodelle von Temu & Co. durchdrungen hat.
Mehr als 100 hundert mittelständische Steuerkanzleien glaubten sich auf der Reeperbahn (der Location des Taxdoo Innovation Summits 2024) im falschen Film, als ein geladener Obmann aus dem Finanzausschuss darum bat, dass man ihm gerne per Mail auf derartig aggressive Geschäftsmodelle frühzeitig hinweist, da der Politik hier oft der Bodenkontakt fehlt.
Wir werden in Zukunft noch viel häufiger mit illegalen (Cum-Ex) oder weitgehend legalen, aber wahnsinnig aggressiven Geschäftsmodellen konfrontiert werden. Deren Wachstum ist exponentiell. Die Adaption durch die Entscheider in der Politik und auf höchsten Verwaltungsebenen dauert viel zu lange, weil häufig der Bodenkontakt fehlt.
Da müssen wir zuerst ran. Das Wissen ist da. Wir dürfen nur keine Berührungsängste haben – und dafür auch mal die Krawatte zu Hause lassen und auf die Reeperbahn fahren, um mit offenem Visier und ohne Standesdünkel miteinander zu sprechen.
Stefan Groß: Das ist der Grund, warum wir aus dem IDSt ausgetreten sind. Ihr macht herausragende Grundlagenforschung und davor ziehe ich meinen Hut. Als Steuerrechtler, der ich auch bin, verliebt man sich dann häufig so in die eigene Arbeit, dass die Entscheider den Output dann im besten Fall zur Kenntnis nehmen. Aber das vertiefen wir in Kürze bei Dir in München.
Götz Kümmerle: Das ist mein Herzensthema und dafür brenne ich. Freue mich auf das Interview dazu in der kommenden Woche.